(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/99) < home RiV >
 Helft den Helfern!
– Erinnerung an den
Hamburger Fürsorgeverein von 1948 e.V. –

Wen diese Überschrift leis‘ stöhnen läßt, den will ich nicht tadeln. Denn weder ein Heiliger noch ein Krösus (um wieviel weniger, wer keines von beiden ist!) könnte allen kulturellen, karitativen oder sozialen Hilferufen gerecht werden, die – mit immer guten Gründen! – sein Ohr umbranden. Wer Gutes bewirken will, muss auswählen und vor 99 % aller Klagen, auch wenn sie das Herz bewegen, mit scheinbarer Indifferenz das Auge verschließen. Wenn Sie erwarten, ich würde nun fortfahren und sagen: aber mit dem Hamburger Fürsorgeverein sei das ganz anders, dem müsse man sich zuwenden und jedenfalls ihm seinen Obolus entrichten, so kann ich Sie beruhigen: so einfach mache ich es mir nicht. Denn auch für ihn gilt natürlich, was für alle gilt: Er findet sich eingereiht in eine schier unübersehbare, durchaus legitime Konkurrenz. Nun finden Sie diese Zeilen nicht in einer Postwurfsendung an alle Hamburger Haushalte, sondern in unseren Mitteilungen – MHR. Aus gutem Grund, denn deren Leserkreis steht dem Objekt der vorliegenden "Erinnerung" ungleich näher als ein beliebiger Haushaltungsvorstand:

Wer oder was ist der Hamburger Fürsorgeverein? Ich glaube, Eulen nach Athen zu tragen, wenn ich die Seiten der MHR mit vielen Worten darüber füllte: als Erinnerung dürfte schon die Erwähnung bloß des Namens genügt haben, einschließlich vielleicht einiger dürrer Worte der Satzung:

" ... Der Verein bezweckt, sozial Gefährdete, insbesondere entlassenen Untersuchungs- und Strafgefangene sowie deren Angehörige materiell wie immateriell zu unterstützen. Er verfolgt dabei ausschließlich gemeinnützige, mildtätige Zwecke i.S. der §§ 51 ff. AO ... und erfüllt seine Aufgaben ... durch sozialpädagogische Beratung und Betreuung, Unterstützung durch Gewährung von Geld- und Sachmitteln sowie durch die Ausbildung und Vermittlung von ehrenamtlichen Vollzugs- und Bewährungshelfern. Im Einzelfall kann der Verein auch Personen unterstützen, die durch Straftaten anderer hilfsbedürftig geworden sind ...".

Was alles dahinter steht: an Geschichte, die weit ins letzte Jahrhundert (1839) zurückreicht, an humanen (ursprünglich ausgesprochen christlichen) Prinzipien und Motiven, ständig gewachsenen Vereinsaufgaben und nicht zuletzt an Menschen, die im Laufe vieler Jahrzehnte der Sache gedient, ja sich für sie aufgeopfert haben: das erschließt sich aus keiner Satzung, kann auch hier nicht rekapituliert werden, findet sich aber vorzüglich beschrieben z.B. in der kleinen Schrift "40 Jahre – Der Hamburger Fürsorgeverein von 1948" (Hamburg, Juli 1988): im Aufsatz aus der Feder des damaligen Vorsitzenden Dietrich Mett (jetzt PräsOLG Schleswig) und in weiteren Beiträgen. So gedenkt dort Roland Makowka in ebenso humorigen wie nachdenklichen Worten der unvergesslichen Frau Paul, die bis in ihr hohes Alter täglich ihre Runden über den Sievekingplatz drehte, in jedes Dienstzimmer eindrang und keines wieder verließ, ehe sein Inhaber ihr die Beitrittserklärung zum Fürsorgeverein unterschrieben hatte (ob der Hamburgische Richterverein seinerzeit von diesem Lehrstück -– freilich in der charmanten Variante, die sein langjähriger Vorsitzender ihm zu geben verstand – seinen Nutzen gezogen hat?) ...

Die enge Verknüpfung des Fürsorgevereins mit der Justiz drückt sich schon darin aus, dass er immer wieder Amts- und Landrichter zu Vorsitzenden und Staatsanwälte zu Mitgliedern des Vorstands gewählt hat: So präsidierte ihm AGRat Ernst-Ludwig Witt ab 1955, dem nach gut 10 Jahren RiAG Gerd Siekmann folgte, der wiederum 1980 von Herrn RiAG Mett abgelöst wurde. Im Februar 1993 wählte die Mitgliederversammlung den seither amtierenden RiLG Wolfgang Franke (z.Zt. GS 4) zu seinem 1. Vorsitzenden.

Dass in unserer Wohlstandsgesellschaft viel Not herrscht – verborgen und offen -, weiß jeder. Dass sich bei Verurteilten, Strafgefangenen und (oft erst einmal auf Bewährung) Entlassenen und ihren Familien die Probleme nicht selten verschärft finden, bleibt niemandem verborgen, der mit dem sozialen Umfeld der Strafjustiz in Berührung kommt, sei er Staatsanwalt, Richter, Rechtsanwalt oder (dann erst recht !) Sozialarbeiter (all diese Berufsgruppen sind übrigens in Vorstand und Beirat des Vereins vertreten).

Beratung und Betreuung Haftentlassener und ihrer Angehörigen, ehrenamtliche Bewährungs- und Betreuungshilfe, Leitung von Gesprächsgruppen, Schuldenregu-lierung, Wohnungen für Haftentlassene und sozialtherapeutisches Wohnen, handwerkliche Trainingswerkstätten, Opferhilfe. ... Dies ist nur eine – keineswegs vollständige – Aneinander-reihung dürrer Stichworte. ... Mehr darüber läßt sich in den übersichtlichen Broschüren nachlesen, die der Fürsorgeverein bereithält.

Ich möchte zum Anfang zurückkehren:

Wer in der Rechtspflege, zumal der Strafjustiz sein Brot verdient, für den sollte es keine fernliegende Zumutung sein, trotz aller sonstigen Ansprüche, die an Herz und Bürgersinn gestellt werden, dem Hamburger Fürsorgeverein jedenfalls sein Augenmerk zu schenken. Vielleicht hat das die Bereitschaft zur Folge, ihn in seinen Nöten zu unterstützen. In Nöten nämlich steckt er:

Der Fürsorgeverein bekommt keine staatlichen Zuwendungen; er lebt vor allem von Bußgeldzuweisungen, deren rein zahlenmäßige Höhe die der Mitgliedsbeiräge weit übertrifft. Von 1997 auf 1998 sind beide: diese um fast 6.000,-- DM, die Zuweisungen aber um die hohe Summe von ca. 95.000,-- DM zurückgegangen. Das kann der Verein kurzfristig, als einmaligen Befund zwar noch verkraften; wenn daraus aber eine Entwicklung werden sollte, hat seine Stunde über kurz oder lang geschlagen.

Wer immer also – in Staatsanwaltschaften oder Gerichten – mit Bußgeldzuweisungen befasst wird oder über sie zu entscheiden hat, dem – oder der – möchte ich unseren Fürsorgeverein wärmstens in Erinnerung rufen.

Die Mitgliedsbeiträge insgesamt betragen nach bisheriger Erfahrung zwar nur ca. 10 % dessen, was die Bußgelder einbringen. Trotzdem sind sie schon als finanzieller Faktor unverzichtbar und von größtem Gewicht. Gleichwohl werbe ich um Ihre Mitgliedschaft nicht primär deshalb, sondern möchte ein ideelles Motiv jedenfalls nicht unerwähnt lassen:

Das Recht, zumal das Strafrecht, kann auf seine deutliche Durchsetzung und gelegentlich auch auf Härte nicht verzichten. Ich habe von Theoretikern, die sich anheischig machen, das als individuellen oder gesellschaftlich vermittelten Sadismus zu entlarven, nie etwas gehalten. Auf einem anderen Blatt indessen steht, dass die menschlichen, persönlichen und sozialen Folgen unerläßlichen Strafens für den Verurteilten und sein Umfeld jedenfalls nicht zerstörerisch sein dürfen (um den Begriff der Resozialisierung nicht zu strapazieren). Aber das liegt oft jenseits des engeren beruflichen Horizonts des Justizjuristen – liegt dennoch nicht völlig außerhalb seiner menschlichen und sozialen Mitverantwortung, in welche der Beruf ihn einbindet. Der Fürsorgeverein symbolisiert gewissermaßen diese entferntere, dunklere Seite des beruflichen Tagewerks. ...

Um nun aber formal und nüchtern zu schließen: Der Mindestbeitrag pro Jahr beträgt pro Mitglied DM 50,--.

Die Konten sind:

Haspa: 1241/120839 (BLZ 200 505 50)
und
Postbank Hamburg: 12118-203
(BLZ 200 100 20).

Die Geschäftsstelle befindet sich jetzt in der Max-Brauer-Allee 155, 22765 Hamburg, Tel.: 34 41 74 oder 34 57 04.

Natürlich ist auch unser Kollege Wolfgang Franke (Tel.: 42843-2281) gern bereit, meinem dezenten Werbungsversuch zu sekundieren und Ihnen auch alle erwünschten Auskünfte zu geben.

Günter Bertram