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Der Daimler auf dem
Wochenmarkt

Auf einer unserer vielen gemeinsamen Reisen zu Veranstaltungen des Deutschen Richterbundes waren Roland und ich in Bad Godesberg gelandet. Mit von der Partie war Karin Wiedemann. Während Roland, wie es sich gehört, im Hotel "Rheinterrassen", dem Tagungsort, residierte, hatte man Frau Wiedemann und mich in einem billigeren Quartier im Godesberger Zentrum untergebracht. Den Makowka'schen Mercedes hatten wir, was sehr praktisch war, für die Nacht mitten auf dem Marktplatz abgestellt. Roland hatte ihn uns zur Verfügung gestellt, weil der Weg von seinem Hotel zu unserer Herberge doch etwas weit war und wir unser Gepäck nicht schleppen wollten.

Als wir am nächsten Morgen runter zum Rhein zurück zu Roland und unserer Tagungsstätte fahren wollten, staunten wir nicht schlecht: Der Daimler war weg, ja, weit und breit war auch kein Parkplatz mehr zu sehen! Inzwischen hatte sich nämlich um unser Auto herum ein fröhliches Markttreiben entwickelt, und inmitten der vielen, vielen Stände, die der Godesberger Markt zur Sommerszeit aufweist, stand brav und treu Herrn Makowkas weißer Zweihundertdreißiger.

Frau Wiedemann und ich wußten nicht, ob wir weinen oder lachen sollten. Schließlich faßten wir uns ein Herz und sprachen die Marktleute an, die unsere gestammelte Entschuldigung ("... haben gestern abend in der Dunkelheit das Halteverbotschild an Markttagen übersehen") mit rheinischem Humor zur Kenntnis nahmen und sich währenddessen nicht dabei stören ließen, ihr Marktgeschäft über den Kühler unseres Autos hinweg fröhlich fortzusetzen.

Ob wir den Wagen sogleich oder erst am Abend vom Marktplatz hinunter zu Rolands Hotel gefahren haben, weiß ich nicht mehr. Mir ist so, als wenn wir durch eine Schneise, die für uns leergeräumt worden war, mit hochroten Ohren Spießrute gefahren sind. Jedenfalls hat Roland nicht schlecht gestaunt, als wir ihm das Vorgefallene berichteten. Kaum läßt man seine Leute mal aus den Augen, gleich machen sie Mist, hat er vielleicht gedacht.

Helmut Münzberg