Am 7. Juli 1994 starb Clara Klabunde, die ehemalige Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Hamburg, im Alter von 87 Jahren.
Sie studierte Rechtswissenschaft in Hamburg und schloß beide Examina mit der Note "gut" ab.
Schon frühzeitig schloß sie sich der sozialen Bewegung an. So lernte sie auch ihren späteren Ehemann, den Journalisten Erich Klabunde kennen, der aus politischen Gründen seine berufliche Tätigkeit nach 1933 aufgeben mußte, der dann nach dem Krieg Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion war und 1950 verstarb.
Nach dem 2. Staatsexamen war Clara Klabunde als Rechtsanwältin tätig, bis sie 1952 zur Vorsitzenden am Landesarbeitsgericht Hamburg und zur Landesarbeitsgerichtsdirektorin berufen wurde. Gerade hier hatte sie Gelegenheit, das damals nur teilweise kodifizierte Arbeitsrecht mitzuentwickeln und so den sozialen Gegebenheiten der sich etablierenden Nachkriegszeit Rechnung zu tragen.
Mit ihrer Ernennung war sie die erste Frau, die in der Bundesrepublik Gerichtspräsidentin wurde - allerdings unter der damaligen Dienststellenbezeichnung "Der Präsident". Diese Stellung entsprach nicht nur ihrem sozialen Engagement, sondern gab ihr auch ein wenig Genugtuung für ihre Stellung als Frau in der Gesellschaft. So waren ihr dominierende Männer nicht so sympathisch; den von vielen geschätzten Leo Raape ("wenn ich meine Herren sage, meine ich auch die Damen") mochte sie nicht sonderlich. Gerade aber dieses Selbstbewußtsein gab ihr eine natürliche Autorität, mit der sie viel Anerkennung erhielt. Sie war sowohl bei den Angehörigen des Arbeits- und Landesarbeitsgerichts, bei den Vertretern der Verbände als insbesondere in der Anwaltschaft hoch angesehen und verehrt.
Ihre feine und treffsichere Diktion war geschätzt - und manchmal gefürchtet. Diese zeigt sich auch in ihren Urteilen, die eine ausgewogene Mischung von Wissenschaftlichkeit und Pragmatik darstellten. Sie sagte einmal, ein Urteil müsse tragbar sein - ob es richtig sei, lasse sich nicht immer eindeutig sagen. Dieser Ausspruch hat mich als jungen Richter beeindruckt - und sehr beruhigt. Ihrer feinsinnigen Art entsprach ihre Liebe für Kunst und Musik.
Frau Klabunde bekleidete aber auch weitere öffentliche Ämter. Im Rahmen der Entnazifizierungsverfahren war sie Spruchkammervorsitzende. Sie war Mitglied des Richterdienstgerichts und 25 Jahre Verfassungsrichterin beim Hamburgischen Verfassungsgericht. Außerdem gehörte sie lange dem Vorstand des Hamburgischen Richtervereins an. Für ihre Verdienste um das Rechtswesen wurde sie mit der Medaille für Treue Arbeit im Dienste des Volkes in Silber ausgezeichnet.
Die Richterschaft - nicht nur der Arbeitsgerichtsbarkeit - sollte ihrer stets mit Hochachtung und Sympathie gedenken.
Helmuth Rembold, Rostock