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„Haus des Rechts“

- Kronenstraße 73/74 in Berlin -

 

Vielen Mitgliedern in den Landesverbänden und Fachgruppen des Richterbundes dürfte die Anschrift „Kronenstraße 73/74, 10117 Berlin“ als die Adresse des Dachverbandes der Mitgliedsverbände, des „Deutschen Richterbundes“, bekannt sein. Das Haus ist Bürositz der Geschäftsführung des DRB, bestehend aus dem Geschäftsführer Herrn Iza Schilling und seinem Vertreter Herrn Hoffmann sowie der festen Mitarbeiterinnen Frau Bräutigam, Frau Scheithauer und Frau Harsch, die dort in ihrer Arbeit zudem von wissenschaftlichen Mitarbeitern und Hilfskräften unterstützt werden. Der Sitz der Redaktion der „Deutschen Richterzeitung“, in welcher der DRB durch Frau Referendarin Sift vertreten ist, befindet sich dort, und als Herausgeber des „Handbuch der Justiz“ ist der DRB über die Anschrift ebenfalls zu erreichen. Die gesamte Arbeit des Dachverbandes, insbesondere auch die Koordination der Termine der Präsidiumsmitglieder, die Bearbeitung der Anfragen zu Teilnahmen an Anhörungen in Gremien des Bundestages und des Bundesrates sowie an „Runden Tischen“ und Arbeitsgruppen mit Vertretern anderer Verbände, wird von hier aus geleistet, die Veranstaltungen des DRB von hier aus organisiert.

 

Noch immer teilweise unbemerkt ist in dem Gebäude, das sich hinter jener Adresse verbirgt und das im Eigentum des Deutschen Richterbundes steht, jedoch in den letzten Jahren auch zunehmend ein „Haus des Rechts“ als Stätte des Meinungsaustauschs aller an der Rechtschaffung und -umsetzung beteiligten Kreise entstanden.

 

Außer dem DRB, der drei der insgesamt fünf Etagen nutzt, beherbergt das Gebäude die Geschäftsstelle des Deutschen Notarverein e.V. (DNotV) und die Berliner Geschäftsstelle der Deutschen Stiftung für Internationale Rechtliche Zusammenarbeit e.V. (IRZ). Über das unmittelbare nachbarschaftliche Verhältnis hinaus ist durch die Nähe zum DNotV und zur IRZ für alle Seiten eine „win-win“-Situation entstanden. Gemeinsam mit den Notarskolleginnen und -kollegen findet unter anderem das jährliche Sommerfest statt, bei dem in lockerer Atmosphäre mit den eingeladenen Vertretern aus der Justizpolitik und von anderen Verbänden justizpolitische Themen diskutiert und vertieft werden können. In vier-, sechs- oder acht-Augen-Gesprächen lassen sich hier häufig viele Fragen schnell und unkompliziert klären, ohne dass sich daraus gleich eine Verbindlichkeit herleiten und die herkömmlichen Formen des justizpolitischen Diskurses eingehalten werden müssen.

 

Das Sommerfest schickt sich an, an den Erfolg des jährlich vom DRB als Alleinveranstalter ausgerichteten parlamentarischen Abends anzuschließen. Bei dieser Veranstaltung – dem parlamentarischen Abend – können die Beziehungen des Verbandes zur Politik weiter vertieft werden und die geknüpften Kontakte erhalten eine Regelmäßigkeit, die über den rein fachbezogenen und anlassgebundenen Austausch hinaus geht. Gerade zu solchen Gelegenheiten zahlt es sich aus, dass die Geschäftsstelle nur wenige hundert Meter vom Bundesministerium der Justiz in der Mohrenstraße und vom Reichstag an der Spree entfernt liegt. Die in den letzten Jahren zunehmende Bedeutung des Verbandes in der Rechtspolitik lässt den Umzug nach Berlin, der am 01.03.1999 nach fast 25jährigem Sitz zuvor in Bonn erfolgte und der unter den Mitgliedern durchaus nicht unumstritten war, als die richtige und im Nachhinein alternativlose Entscheidung erscheinen.

In unregelmäßigen Abständen, etwa zwei bis drei Mal pro Jahr, finden seit dem vergangenen Jahr „Abendgespräche“ statt. Zu jenen Veranstaltungen lädt der Verband einen namhaften Rechtspolitiker oder eine namhafte Rechtspolitikerin ein, der/die seine/ihre Position zu einem aktuellen Thema vor- und in einer kleinen Runde von etwa 40 bis 50 Zuhörern zur Diskussion stellt. Die Zuhörerschaft besteht aus Vertretern der Landesverbände und der Fachgruppen, insbesondere aber auch aus Justizpolitikern und mit den zur Diskussion stehenden Themen täglich befassten Praktikern sowie einem wechselnden Vertreter der Presse. Die bisher in dieser Weise stattgefundenen Veranstaltungen („Die Staatsanwaltschaft Potsdam als Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Straftaten von Angehörigen der Bundeswehr im Ausland?“ (Jörg van Essen, MdB), „Sicherungsverwahrung“ (Andrea Voßhoff, MdB), „Vorratsdatenspeicherung“ (Jerzy Montag, MdB)) haben sich als äußerst interessant erwiesen, vor allem deshalb, weil die Diskussionen stets schnell in Gang gekommen und eng am Thema orientiert gewesen sind. Trotz der Anwesenheit eines Pressevertreters fanden die Gespräche in einem fast privaten Klima statt, woraus sich ergab, dass dort fachbezogen Tacheles geredet wurde. Dies bringt ein Thema häufig besser voran als das sonst übliche, wohl abgewogene, sich häufig in der Öffentlichkeit ereignende Hin und Her im Meinungsaustausch.

Das „Haus des Rechts“ ist mit diesen Veranstaltungen zu einem festen Ort des rechtspolitischen Meinungsaustausches in Berlin geworden. Zu einem Ort der internationalen Beziehungen wurde das Haus nicht zuletzt durch die Zusammenarbeit mit der IRZ. Die 1992 auf Initiative des damaligen Bundesjustizministers Dr. Kinkel als gemeinnütziger Verein gegründete Stiftung unterstützt im Auftrag der Bundesregierung Partnerstaaten bei der Reformierung ihres Rechtssystems und Justizwesens. Der DRB ist durch seinen Vorsitzenden Frank im Kuratorium der IRZ vertreten. Die von der Stiftung empfangenen Abordnungen von Justizpraktikern und -politikern aus den Ländern, die durch den Verein eine Unterstützung erfahren, besuchen nahezu regelmäßig auch den DRB und werden in dessen Räumlichkeiten empfangen. Das Interesse an dem Verband ist groß, ist doch in einem Teil der Länder eine unabhängige Interessenvertretung der Richter und Staatsanwälte häufig allenfalls erst im Aufbau, nicht selten aber auch bloße Utopie. Der DRB seinerseits unterstützt die IRZ bei der Vermittlung von Experten, die bei der Arbeit der Stiftung vor Ort im Ausland durch Vorträge behilflich sind. Für den Verband bietet dies die wichtige Möglichkeit, international für das deutsche Recht zu werben und damit an die Projekte anzuknüpfen, die in den beiden gemeinsam mit anderen Verbänden verfassten Broschüren „Law - Made in Germany“ (herausgegeben vom DRB in Zusammenarbeit mit der Bundesnotarkammer, der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Deutschen Anwaltverein und dem Deutschen Notarverein) und „Kontinentales Recht“ (herausgegeben vom DRB in Zusammenarbeit mit der Association des Juristes Français et Allemands, der Bundesnotarkammer, der Bundesrechtsanwaltskammer, dem Conseil National des Barreaux, dem Conseil Supérieur du Notariat, dem Deutschen Anwaltverein, dem Deutschen Notarverein, der Fondation pour le Droit Continental und der Université Paris Panthéon-Assas Paris II) ihren Niederschlag, aber nicht ihr Ende gefunden haben.

 

Nach wie vor aber dient die Geschäftsstelle des DRB in Berlin noch immer und vornehmlich dem Meinungsaustausch innerhalb des Verbandes. Außer in dem Umstand, dass die Geschäftsstelle des Dachverbandes hier erreichbar ist, zeigt sich dies darin, dass das Präsidium des DRB in der Regel ein Mal im Monat an einem Wochenende in den Räumlichkeiten in der Kronenstraße 73/74 seine Präsidiumssitzung abhält. Im Jahr 2010 ergaben sich aus jenen Beratungen allein 59 Stellungnahmen insbesondere zu Gesetzgebungsvorhaben. Darüber hinaus dient das Gebäude als zentrale Anlaufstelle für die Arbeitsgruppen und Fachkommissionen des Verbandes und als Treffpunkt für sonstige Veranstaltungen, die der Verband seinen Mitgliedern, etwa für Assessorinnen und Assessoren, in unregelmäßigen Abständen anbietet oder im Meinungsaustausch mit anderen Verbänden und Vereinigungen abhält. Selbstverständlich können die Räumlichkeiten auch von den Fachgruppen und Landesverbänden, aber auch von Bezirksgruppen besucht und genutzt werden, die beispielsweise einen Besuch in der Bundeshauptstadt mit einer Verbandsveranstaltung verbinden wollen.

Ganz bewusst setzt sich der DRB mit den genannten Projekten im „Haus des Rechts“ aber nicht nur für die Gestaltung der Zukunft des Rechts in Deutschland und über dessen Grenzen hinaus ein, sondern erinnert in der Kronenstraße 73/74 auch an die unrühmliche Vergangenheit der Justiz in Deutschland. Am 06. Oktober 2010 wurde in Anwesenheit unter anderem von der Präsidentin des Zentralrats der Juden Dr. h. c. Knobloch, des Botschafters des Staates Israel in Deutschland Yoram Ben-Zeev und der Bundesministerin der Justiz Leutheusser-Schnarrenberger an einer zentralen Stelle im Eingangsbereich des Gebäudes eine Kupfer-Gedenktafel enthüllt, auf der die Namen der zu Zeiten des Nationalsozialismus verfolgten jüdischen Kolleginnen und Kollegen eingraviert worden sind. Der DRB bekennt sich damit ganz bewusst zu seinem Versagen in jener Zeit, in der er den verfolgten, entrechteten und aus dem Amt getriebenen Kolleginnen und Kollegen aus der Richterschaft und den Staatsanwaltschaften nicht beigestanden hat. Ohne einen Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu können und in dem Wissen um sicherlich nicht wenige, noch unbekannte verfolgte Kolleginnen und Kollegen weist die Tafel über 700 Namen auf, denen der Verband ein Andenken setzen will.

 

Weitere Informationen zu den angesprochenen Themen sind zu finden auf der Homepage des DRB unter www.drb.de.

 

Stefan Caspari