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Gender–Mainstreaming

- das unbekannte Wesen -

 

1. Seit etwa zwölf Jahren lautet § 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien:

Gleichstellung von Frauen und Männern

Die Gleichstellung von Frauen und Männern ist durchgängiges Leitprinzip und soll bei allen politischen, normgebenden und verwaltenden Maßnahmen der Bundesministerien in ihren Bereichen gefördert werden (Gender-Mainstreaming)“[1].

Das klingt zunächst nicht überraschend: Die „Gleichberechtigung“ der Geschlechter steht seit 1949 im Grundgesetz, und ihre Gleichstellung kam im Oktober 1994 hinzu[2]. Man könnte deshalb vermuten, die Klammerdefinition („GM“) sei wohl nur der Marotte zu verdanken, einem herkömmlichen Satz durch Beifügung von Anglizismen den Anstrich besonderer Modernität zu geben. Also nur eine modische facon de parler zum alten, aber immer noch aktuellen Thema „Gleichberechtigung/Gleichstellung“, welches jetzt etwa der Streit um Aufsichtsrat-Quoten in Erinnerung ruft[3]? In dieser Auffassung könnte sich zunächst bestätigt sehen, wer die Erklärungen überfliegt, welche die Suchmaschine in Hülle und Fülle auswirft, wenn man „GM“ oder verwandte Begriffe, auf die dort verwiesen wird, eingibt.

 

Im „Offiziellen Hauptstadtportal des Berliner Senats“[4] etwa steht zu lesen:

„Was ist GM? GM ist die Handlungsstrategie, die darauf zielt, bei allen fachlichen und politischen Vorhaben die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen und Männern von vorn herein einzubeziehen. Dabei soll grundsätzlich geprüft werden, ob und wie sich eine Maßnahme auf das Geschlechtsverhältnis auswirkt. So soll das Ziel, mehr Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern herzustellen, effektiv verwirklicht werden. Als Ansatz zur Neugestaltung der Geschlechterverhältnisse bezieht GM ausdrücklich Frauen UND Männer in den Prozess ein“.

Oder wenn man die Auskunft des Berliner „GenderKompetenzZentrums“ einholt:

GM – das ist auf Gleichstellung ausgerichtetes Handeln in der täglichen Arbeit einer Organisation. Das Ziel von GM ist die Erreichung von tatsächlicher Gleichstellung von Frauen und Männern im Sinne Art 3 (3) GG … “.

Wenn das alles wäre – und es ließen sich hunderte Seiten mit Erklärungen gleichen Tenors über GM aufrufen! -, dann müsste man sich über die Hingabe wundern, die bei uns seit mehr als einer Dekade auf deren „Implementierung“ verwendet wird. Dazu Daten aus einer Übersicht des Presse- und Informationsamts der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover „GM auf Bundesebene“:

 

1999

Gleichstellung als Leitprinzip: Das Kabinett beschließt am 23.07.1999, die Gleichstellung mit der „Strategie des GM“ zu fördern.

Programm „Moderner Staat – Moderne Verwaltung“: Mit diesem Programm vom Dezember 1999 soll die Bundesverwaltung umfassend reformiert und dabei „GM“ als einer der Leitgedanken aufgenommen werden.

2000

Am 24.05. konstituiert sich die „interministerielle Arbeitsgruppe GM“ (IMAGM), wofür das Referat GM des Ministeriums für „Familien, Senioren, Frauen und Jugend“ zuständig wird. Die AG soll GM in die laufende Arbeit aller Ressorts implementieren.

Kabinettsbeschluss vom 26.07.2000, wie hier eingangs zitiert.

2002

Im rot-grünen Koalitionsvertrag vom 16.10. (Kpt. VII) heißt es: „GM soll als Methode zur Umsetzung des Art. 3 GG in allen Ressorts der BR nachhaltig verankert werden … Wir werden ein Gender-Kompetenz-Zentrum aufbauen, das die Einführung von GM in allen Politikbereichen unterstützt, Forschung initiiert, Wissen bündelt und Experten und Expertinnen ausbilden wird“.

2003

GKZ in Berlin: Das GKZ wird als unabhängige Forschungs- und Bildungseinrichtung an der Humboldt -Universität eröffnet. Es ist ein Drittmittel-Projekt an der Jur. Fakultät, das u.a. durch das BMFam finanziert wird.

2005

Im Koalitionsvertrag CDU/CSU/SPD heißt es im Kapitel VI „Familienfreundliche Gesellschaft“: „Wir wollen die Genderkompetenz stärken und werden … sicherstellen, dass dafür notwendige und angemessene Instrumente zur Verfügung stehen, wie z.B. das GKZ …“

2007

Das zweijährige Projekt „Gender-Aspekte in der Fortbildung“ wird gestartet – mit dem Ziel, GM als Querschnittsaufgabe in den Fortbildungsangeboten des Bundes zu integrieren.

Im Oktober erscheint eine „Machbarkeitsstudie“ zur „Gender-Budgetierung“.

Wie wird GM „implementiert“? Dazu das genannte Papier des Berliner Senats:

„Die Strategie des GM wird vor allem in Verwaltungen umgesetzt und ist als ein langfristiger Entwicklungs- und Veränderungsprozess zu betrachten. Die Einführung erfolgt Top-down, d.h. die politische Spitze einer Organisation bekennt sich zur Einführung von GM und beschließt, wie die Prozesse gesteuert und evaluiert werden. GM wendet sich zunächst gezielt an die Führungskräfte in Politik und Verwaltung und veranlasst diese, die eigenen, zuweilen auch traditionellen Vorstellungen von ‚Männlichkeit‘ und ‚Weiblichkeit‘ zu hinterfragen und die eigene Führungsqualität i.S. von Genderkompetenz zu verbessern“.

2. Viel schlauer werden die Leser vermutlich jetzt immer noch nicht sein. Neulich habe ich aus konkretem Anlass versucht herauszufinden, als was sich GM mir präsentieren würde:

Ich nehme persönliches Interesse an der Sorge für Natur, Landschaft und Umwelt, für die sich u.a. der BUND (Bund für Umwelt – und Naturschutz) plagt – d.h. es plagen sich die viel zu wenigen Ehrenamtlichen beiderlei Geschlechts, der Nachwuchs fehlt, das Geld ist knapp, engstirnige Wachstumsgier Hand in Hand mit kommunaler Kurzsichtigkeit versiegeln das Land. Und neulich fiel mir ein Flyer in die Hand:

Gender Greenstreaming – Geschlechtergerechtigkeit in Natur- und Umweltschutz. Ein Projekt des Deutschen Naturschutzrings, Dachverband der Deutschen Naturschutzverbände (DNR) … GM ist ein Ziel im Umweltprogramm der Vereinten Nationen, der Weltnaturschutzunion und in der EU. Wer gefördert werden will, muss sich auch bei der Suche nach finanzieller Unterstützung mit Geschlechteraspekten befassen. (Auch für Sie) „kommt es auf eine gendersensible Gestaltung an. Dazu braucht es Ideen, Natur- und Umweltschutzthemen so zu vermitteln und zu gestalten, dass sie für alle Geschlechter interessant sind. ... Gestalten Sie gendersensibel mit!“

Zur fachlichen Beratung wird die uni-lueneburg.de/umweltplanung/gendergreen“ empfohlen, die dann auch prompt diverse Glanzbroschüren „Gender Greenstreamingim Natur- und Umweltschutz“ schickt, hundert und mehr Seiten, eine mit der Überschrift „Gender in Projektanträgen – Arbeitshilfe zur Beantwortung der Fragen zu geschlechterspezifischen Auswirkungen im Rahmen der Verbändeförderung des BMU/ UBA“.

Hier lugt also der Pferdefuß „Gender-Budgeting“ hervor! Blättert man in den Handreichungen“, stellt man immer wieder fest, dass die Lüneburger Gendergreen–Experten vom Naturschutz nichts verstehen, von der richtigen Gesinnung aber, in der er betrieben werden muss, umso mehr[5]. Auch hier bleibt dem Leser nach Durchblättern aller Greenstream-Hefte unklar, was Gender ist und will, denn dass man weibliche Wesen in die Arbeit einbeziehen solle, ist ein lachhafter Vorschlag. Von deren Mitarbeit - bis zur „Leitungsebene“ hinauf! – lebt der Laden!

 

3. Genug damit! Wenn man davon auch zehnmal mehr läse, bliebe GM trotzdem „das unbekannte Wesen“[6].

Was also ist es nach Inhalt und Substanz, dieses Projekt, das „top down“, von oben nach unten durchgesetzt und selbst in Zeiten brutalen Sparens und Kürzens mittels „gender-budgeting“ großzügig prämiert wird[7]?

Zunächst die grundsätzliche Frage nach „gender“. Ein englisches Wörterbuch - „das Geschlecht (Gram.)“ - also das grammatische Geschlecht im Unterschied zum biologischen („sex“) - hilft kaum weiter. Also interessiert hier offenbar weniger die philologische Worterklärung als die Aufladung, die der zunächst wenig spektakuläre Begriff im Laufe der Ideen- oder Ideologiegeschichte bekommen hat.

Den literarischen Ausgangspunkt scheint Simone de Beauvoir in ihrem voluminösen Werk „Le Deuxieme Sexe“ (Paris 1949): „Das andere Geschlecht – Sitte und Sexus der Frau“ (Frankfurt 1951)[8] gesetzt zu haben durch ihren berühmten, immer wieder zitierten Satz: „Wir werden nicht als Frauen geboren – wir werden dazu gemacht“, womit sie ihre existentialistisch-marxistische Gesellschaftskritik[9] zusammenfasst. Ihre literarisch ausgreifende Analyse, innerhalb derer sie die weiblichen „biologischen Gegebenheiten“ zwar geradezu drastisch herausstellt, allerdings nur des leidenschaftlichen Refrains wegen: „Was wir aber ablehnen, ist die Vorstellung, dass sie (die Biologie) für die Frau ein festgelegtes Schicksal bedeuten. Sie reichen nicht aus, eine Hierarchie der Geschlechter zu bestimmen; sie erklären nicht, weshalb die Frau das Andere ist, und sie verurteilt sie nicht dazu, diese untergeordnete Rolle für immer beizubehalten“[10].

 

4.         Hatte Simone de Beauvoir die gesellschaftliche Versklavung der Frau gegeißelt, die ihrer biologischen Ausstattung wegen über sie verhängt werde, so stellten ihre radikal-feministischen Nachfolger (beiderlei Geschlechts!) schon die Prämisse in Frage und lehrten, dass auch das biologische Geschlecht ganz oder im Wesentlichen, ja im Entscheidenden eine gesellschaftliche Zuschreibung sei, ein Produkt der Kultur, der Willkür, der Machtverhältnisse und folglich durch subjektive Kräfte (Selbstdeutung) oder objektive Eingriffe veränderbar sei.

Ein Vorkämpfer dieser Idee wurde der 1921 in Neuseeland geborene John Money[11], nach dem 2. Weltkrieg in den USA zum Psychiater ausgebildet, dessen Lebensthema die menschliche Sexualität in ihren vom Normalen“ abweichenden Formen wurde. Er prägte die Begriffe „Gender Identity“ und „Gender Role“ und wurde zum einflussreichsten Wegbereiter der Gender-Theorie, nach der das „soziale Geschlecht“ (Gender) dem Menschen willkürlich zugewiesen wird und deshalb vom biologischen Geschlecht (sex) völlig abweichen („discordant“ sein) kann[12]. Die Wirkungsstätte des in den USA bald als Wissenschaftler berühmten Mannes (der eigentlich gar kein Mann sein wollte[13] wurde das Johns-Hopkings-Hospital bei Baltimore, wo er seine „Gender-Identity-Clinic“ zur operativen Geschlechtsumwandlung Erwachsener aufmachte. Er verkündete – auch über die Medien -, bei ihm ließen sich aus Männern ohne weiteres Frauen machen, denn „Geschlecht“ sei etwas Manipulierbares, Soziales: nichts Biologisches. Davon hörte damals alle Welt, auch ein Ehepaar im kanadischen Winnipeg, das bald nach der Geburt männlicher Zwillinge im Sommer 1965 in große Not geraten war: Ron und Janet Reimer. Bei der Beschneidung des einen Knaben – Bruce - hatte der Arzt den Penis des Kindes mit einem elektrischen Gerät unglücklicherweise so stark verbrannt, dass das Glied abfiel. Im Februar 1967 sahen die verzweifelten Eltern also Dr. Money im Fernsehen, hörten seine Botschaft und fuhren mit dem Kinde zu ihm. Money war von dieser sich ihm offenbar bietenden Chance begeistert, mit Bruce, dem Knaben ohne Penis, seinen Beweis liefern zu können. Am 3. Juli 1967 wurde das 22 Monate alte Kind unter der Regie Moneys kastriert, und aus dem Hodensack wurden rudimentäre Schamlippen geformt. Die Eltern wurden ermahnt, das Kind hinfort als Mädchen zu erziehen, und „Brenda“ (wie sie nunmehr zu rufen war) unbedingt zu verschweigen, dass er/sie früher ein Knabe gewesen sei. Das war der Anfang einer Tortur: dem Kind wurden weibliche Hormone verpasst und es auch sonst zwecks Umpolung bearbeitet. Aber die Natur war stark, Brenda riss sich immer wieder die Mädchenkleider vom Leibe, wurde zu Hause und in der Schule gewalttätig und disziplinlos, wollte nicht nach Baltimore und weigerte sich dann endgültig, mit den Eltern zur regelmäßigen Konsultation zu Money zu fahren. Mit elf Jahren quälte „Brenda“ sich mit Selbstmordgedanken, während Money diesen „wissenschaftlichen Triumph“ jahrelang feierte. Als „Brenda“ 13 Jahre alt geworden und Moneys Ankündigung, ihm/ihr durch mehrere Operationen eine künstliche Scheide machen zu wollen, den Widerwillen des Opfers zum Äußersten getrieben hatte, überfiel die Eltern ein Einsehen und sie eröffneten ihrem Kind, dass es als Knabe geboren und dann, wie geschildert, ärztlich manipuliert worden sei. „Ich war erleichtert“, heißt es im späteren Bericht des Opfers, „plötzlich verstand ich, warum ich mich so fühlte, wie ich mich fühlte Ich war nicht verrückt“. Er wählte einen neuen Namen („David“: Bezwinger des übermächtigen Goliath!), schluckte männliche Hormone, ließ – so gut wie möglich - sein Genital operativ wieder herstellen und heiratete sogar. Aber Verwirrung und Depression steckten zu tief in seiner geschundenen Seele; im Frühjahr 2004 erschoss sich David/Brenda/Bruce mit einer Schrotflinte.

Angesichts dieses Desasters – sein Nachfolger hatte bereits 1979 Moneys „Gender-Clinic“ schließen und die Praxis der Geschlechtsneuzuweisung einstellen lassen - unterließ es Money ab 1980, den Fall Brenda weiter als Beweis für seine Doktrin zu präsentieren. Dieser Fehlschlag und das Desaster auch anderer Kinderexperimente[14] konnten den Siegeszug der Gender–Lehre aber nicht aufhalten, wenngleich einige ihrer Propheten „Brenda“ als Beweisstück stillschweigend aus ihren Büchern strichen.

Nicht so Alice Schwarzer: Noch 2002, in der letzten Auflage ihres Kultbuchs der 70er Jahre: Der kleine Unterschied und seine großen Folgen[15], steht zu lesen:

„Zu den wenigen Ausnahmen, die nicht manipulieren (ergänze: wie die Kirchen u.a.), sondern dem aufklärenden Auftrag der Forschung gerecht werden, gehören Wissenschaftler wie der Psychologe John Money und die Psychiaterin Anke A. Ehrhardt, die sich in Forschung und klinischer Beobachtung intensiv mit der Frage der Geschlechtsidentität befassen Die Amerikaner zitieren in ihrer umfassenden wissenschaftlichen Analyse ‚Männlich Weiblich‘ unter anderem folgenden frappierenden Fall (und nun folgt der oben gerade geschilderte - in Gender-orthodoxer Lesart): Die Eltern, ein junges Paar vom Land, sind verzweifelt und folgen zehn Monate später dem Rat eines Chirurgen, den Jungen ohne Penis einfach als Mädchen zu erziehen … Die Mutter beginnt, das Kind anders zu kleiden, zu frisieren und zu behandeln als seinen Zwillingsbruder. Sie erstattet den Ärzten regelmäßig Bericht über die Entwicklung und ihre Erziehungsmaßnahmen. Die Mutter ermutigt systematisch die Eitelkeit des Kindes, schenkt ihm Schmuck und Schleifen … ‚Mit 4 ½‘, berichtet sie, ‚war sie bereits viel ordentlicher als ihr Bruder Ich habe noch nie ein so ordentliches und eitles kleines Mädchen gesehen‘ Das ‚Mädchen‘ wird einer kontinuierlichen Hormonbehandlung unterzogen, und nach der Pubertät wird man ihm eine künstliche Scheide einsetzen. Sie wird dann eine ‚normale Frau‘ sein - nur gebären kann sie nicht.[16]

Dies also zwanzig Jahre, nachdem Money selbst den Schleier des Schweigens über sein gescheitertes Menschenexperiment gebreitet hatte[17].

5.         Natürlich lässt eine missionarische Ideologie sich weder experimentell noch argumentativ widerlegen, wie das XX. Jahrhundert wiederholt gezeigt hat. So ist auch Moneys Scheitern nur noch eine Fußnote im Strom der sich weltweit ausbreitenden Gender-Doktrin, deren Chancen in ihrem Mutterland USA sich auch dadurch verbessert hatten, dass die einflussreiche American Psychiatric Associaion (APA) 1973 die Homosexualität aus ihrer Liste behandlungsbedürftiger Krankheiten gestrichen und ihr damit im landläufigen Verständnis „Normalität“ bescheinigt hatte, was weniger auf wissenschaftliche Einsicht als den Druck von Lobbyverbänden zurückzuführen sein dürfte[18].

Man rufe, um die Gender-Verbreitung zu besichtigen, z.B. nur das Stichwort „Queer-Theorie“ bei Wikipedia auf[19], um auf eine – ganz unkritisch abgefasste – Serie von Seiten zu stoßen, deren erster Absatz lautet:

„Die Queer-Theorie - QT - (engl. queer theorie) ist eine Kulturtheorie, die sich Anfang der 1990er Jahre in den USA entwickelte und den Zusammenhang von biologischen Geschlecht (engl. sex), sozialen Geschlechterrollen (engl. gender) und sexuellen Begehren (engl. desire) kritisch untersucht. Die QT geht davon aus, dass geschlechtliche und sexuelle Identität nicht „naturgegeben“ sind, sondern erst in sozialen und kulturellen Prozessen konstruiert werden. Unter Rückgriff auf die Methoden und Erkenntnisse von Dekonstruktion, Poststrukturalismus, Diskursanalyse und Gender Studies versucht die Queer-Theorie, sexuelle Identitäten, Machtformen und Normen zu analysieren und zu dekonstruieren. Die Anwendung der QT in einzelnen wissenschaftlichen Disziplinen bezeichnet man als Queer Studies“.

Wenn es dort später unter „QT im deutschsprachigen Raum“ heißt, hier – bei uns also - führe die QT im Vergleich zu den USA nur „ein Schattendasein“[20], so lässt das zwar auf die Dominanz dieser Lehre jenseits des Atlantiks schließen, stellt die deutschen Verhältnisse aber auf den Kopf:

 

6.         Das zeigen schon die oben (zu Ziffer 1.) mitgeteilten Dokumente und Daten. Dem bleibt hinzufügen, dass sowohl das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) vom 16.02. 2001[21] als auch das „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz“ (AGG) genannte Antidiskriminierungsgesetz vom 14.08.2006, soweit es der „sexuellen Identität“ (vgl. § 1 AGG) seine besondere Fürsorge angedeihen lässt[22], nur deshalb deutsches Recht werden konnten, weil mächtige, gut miteinander vernetzte, dem GM verpflichtete Gruppen dieser Art einzelstaatliche Gesetzgebungen im intereuropäischen Zusammenspiel vorangetrieben hatten.[23]

Ein Seitenblick noch auf einen Bereich, der ganz außerhalb der politischen „top-down“-Mechanik liegt: Theologie und Kirche. Hier haben feministische Theologen (die i.e. auch durchaus beachtliche kirchengeschichtliche Einsichten beigesteuert haben) und eifrige Kirchenleute (wieder: beiderlei Geschlechts) sich dem GM verschrieben oder angepasst, wie das Projekt „Bibel in gerechter Sprache“ (BigS) zeigt, über das hier früher schon[24] berichtet worden ist. Die Inflation von „Tandems“ (Hirten und Hirtinnen, Propheten und Prophetinnen, Jünger und Jüngerinnen, Pharisäer und Pharisäerinnen usw.) interessiert jetzt nicht weiter.

Bemerkenswert ist jedoch die häufige Durchbrechung dessen, was GM als das „heterosexuelle Schema“ (Mann/Frau, Vater/Mutter, Bruder/Schwester usw.) bezeichnet und als Zwangskorsett verdammt, weil es andere Orientierungen ausschließe, also diskriminiere. Schon im Vorwort der BigS steht, gerechte Sprache sei „inlcusive language“ (S. 21), die alle ein- und niemanden ausschließt[25]. Ist es nur komisch oder schon einschlägig, wenn dort, wo es bei Luther im 3. Mose, Kpt. 12, Vs. 2 heißt: „Wenn ein Weib empfängt und gebiert ein Knäblein …“, in der BigS (S. 202) steht „eine Frau, wenn sie Samen entwickelt und ein männliches Kind gebiert …“? Deutlicher jedenfalls tritt die Übernahme von GM-Errungenschaften darin zu Tage, dass die BigS ihren hoch modernen Wein in uralte Schläuche gießt: Jesus muss sich ein geläutertes Eheverständnis zu eigen machen und über den Ehebruch sagen: „Wer seine Frau gehen lässt, außer wegen unverantwortlicher sexueller Beziehungen, und eine andere heiratet, der bricht die Ehe“ (BigS., S. 1868), auch Paulus hat nichts mehr gegen „Ehebruch“ einzuwenden, er tadelt lediglich noch „illegitime sexuelle Beziehungen“ (1. Korinther, S. 2120). Selbst das Alte Testament bekommt ein neues Kleid: „Du sollst nicht ehebrechen“ lautet: „Verletze keine Lebenspartnerschaft“ (!!) und „Du sollst nicht begehren…“: „Sei nicht auf den Partner oder die Partnerin anderer aus!“ (BigS. 318). Wenn das keine kreativen Übersetzungen sind!

 

7.         Nach diesem Exkurs wieder ein Blick über die deutschen Grenzen zur EU:

Kommission und Ministerrat bombardieren die EU-Staaten permanent mit ihren Rechtsvorschriften, u.a. mit „Richtlinien“ (RL)[26], unter denen die „Antirassismus-RL 2000/43 EG“ als eine besonders ergiebige Grundlage dafür diente, alles Mögliche unter Diskriminierungsschutz zu stellen, auch die „sexuelle Identität“, worunter der deutsche Gesetzgeber laut BT-Drucksache 15/4538, S. 28 „homosexuelle Männer und Frauen ebenso wie bisexuelle, transsexuelle oder zwischengeschlechtliche Menschen“ versteht.

 

Um das geistige Klima zu spüren, in dem - soweit es unser Thema betrifft - die „Europäische Wertegemeinschaft“ gebacken wird, lohnt es, die „Entschließung des Europäischen Parlaments zur Homophobie[27] in Europa“ vom 11.01.2006[28] zur Kenntnis zu nehmen. Dabei muss man sich eine gewisse Geduld abverlangen, denn die weitschweifige „Erwägungssprache“ der Straßburger Parlamentarier flicht lange Girlanden, ehe sie mit dem Verb und ihren Entscheidungssätzen herausrückt. Doch schon der Vorspann ist ein flammendes Bekenntnis und kann deshalb nicht ganz ausgelassen werden:

„Das EU Parlament - unter Hinweis auf die internationalen und europäischen Menschenrechtsverpflichtungen, wie sie in den UN-Menschenrechtskonventionen sowie der UN-Charta usw. verankert sind, …

A. in der Erwägung, dass Homophobie als irrationale Furcht vor und Aversion gegen Homosexualität und schwule, lesbische, bisexuelle und transsexuelle (GLBT) Menschen auf Grund eines Vorurteils betrachtet werden kann, ähnlich wie bei Rassismus, Xenophobie, Antisemitismus usw.

B. in der Erwägung, dass sich Homophobie im privaten und öffentlichen Bereich auf verschiedenem Wege äußern, beispielsweise in Hassreden und dem Aufruf zur Diskriminierung, Verspottung, Beschimpfung, psychischer und physischer Gewalt, Verfolgung und Mord, Diskriminierung … was häufig mit Gründen der öffentlichen Ordnung oder der religiösen Freiheit verschleiert wird,

C. in der Erwägung, dass es, wie … berichtet wurde, jüngst in einer Reihe von EU-Mitgliedsstaaten zu besorgniserregenden Vorfällen kam, die von dem Verbot von Schwulenparaden oder Gleichberechtigungsmärschen bis hin zu Hetzreden, Hasstiraden und Drohungen seitens führender Politiker reichten …. oder dass in Verfassungen Änderungen vorgenommen wurden, um gleichgeschlechtliche Heiraten oder eheähnliche Verbindungen zu verhindern,

D. in der Erwägung, dass gleichzeitig in der Bevölkerung bei Demonstrationen gegen Homophobie auch positive, demokratische und tolerante Reaktionen zu verzeichnen waren …

E. …,

F. in der Erwägung, dass sowohl auf EU-Ebene als auch auf Ebene der Mitgliedsstaaten weitere Maßnahmen notwendig sind, um die Homophobie auszumerzen … sowie in einem entsprechenden Rechtsrahmen eine Kultur der Freiheit, Toleranz und Gleichheit zu fördern,“

und jetzt folgt endlich das Verb – Subjekt war „Das EU-Parlament“

1. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, den Kampf gegen Homophobie entweder durch erzieherische Maßnahmen – wie Informationskampagnen gegen Homophobie in Schulen, Universitäten und den Medien – oder über Rechts- und Verwaltungsvorschriften sowie legislative Mittel zu verstärken,

2. fordert die Mitgliedstaaten auf, sicher zu stellen, dass von Homophobie geprägte Hassreden oder Anstiftung zu Diskriminierung äußerst effizient geahndet werden und dass die Demonstrationsfreiheit … wirklich respektiert wird,

3. …,

4. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Bekämpfung der Homophobie bei der Mittelzuweisung … GLBT-NRO[29] einzubeziehen, und fordert die Kommission auf, diesen Prozess strikt zu überwachen und dem EU-Parlament jede Unterlassung eines Mitgliedsstaates, diese Maßnahmen durchzuführen, zu melden. …“

 

8.         Diesem kämpferisch-missionarischen Pathos[30], dem weiter unten eine kritische Anmerkung nachzuschicken bleibt, stehen die USA um nichts nach. Die amerikanische GM-Lobby hatte schon im Vorfeld der 4. Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 ihren Einfluss vor allem auch gegenüber den ärmeren Ländern geltend gemacht, deren Vertreterinnen für GM nichts übrig hatten, sich aber schon im Labyrinth der UN-Ausschüsse kaum zurecht fanden, während die westlichen Netzwerkerinnen auf deren Klaviatur souverän zu spielen verstanden[31] :

Nimmt man nun ein paar „Statements“ von höchster Stelle der USA zur Kenntnis, so sieht man, dass die GM-Bewegung dort ihre Triumphe feiert:

Präsident Bill Clinton erklärte den Juni 2000 zum „Gay & Lesbian-Pride- Month“ und lobte die Verdienste der Schwulen (gays) und Lesben (lesbiens) um Amerika[32]. Diese Tradition griff Präsident Obama später auf, erstmals 2009 und im Folgejahr erneut. Die Reihe der zu Ehrenden hatte sich inzwischen etwas erweitert, und der Juni wurde demgemäß zum „Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender (LGBT) Pride Month“ erhoben. Der Präsident würdigte die herausragenden Verdienste der LGBT-Amerikaner für das Land, zumal ihren Einsatz gegen die HIV/ AIDS-Epidemie. Er versicherte die „LGBT-families“ und „-Senioren“ seiner Solidarität, Sympathie und Partnerschaft, um ihre Forderungen weltweit durchzusetzen, insbesondere die Homo-Ehe, die Kinderadoption und die Kriminalisierung von „hate-speech“ (d.h. hier: „Hassreden“ gegen ihre Gruppe)[33]. Der Kongress und das amerikanische Volk sollten sich mit ihm darin vereinen, denn damit würden die Prinzipien verwirklicht, „auf die unsere Nation sich gründet“[34].

Man kann sich denken, dass missionarisches Pathos dieser Art bei konservativen Christen, die in den USA eine viel größere Rolle spielen als bei uns, auf wenig Gegenliebe stößt. Vielleicht wird jetzt (2011) der Juni als präsidialer „Gay and Lesbian - Pride-Month“ den geänderten Mehrheitsverhältnissen im Kongress geopfert werden - aber auch das würde GM ungerührt überstehen.

 

9.         Zurück nach Deutschland: Im Düsseldorfer Koalitionsvertrag (SPD/ Grüne) 2010 findet sich in der Rubrik „Innenpolitik für NRW“ unter „sicher, fair und tolerant“ folgende Passage[35]:

„Wir stehen für ein tolerantes NRW -

Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Wir werden ihrer Diskriminierung konsequent von Anfang an entgegentreten. Der Abbau von Diskriminierung und Homophobie wird in der neuen Landesregierung eine Querschnittsaufgabe sein. Die vollständige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe im Landesrecht wird unverzüglich umgesetzt. Auf Bundesebene werden wir uns für die vollständige Gleichstellung der LP’en, insb. im Steuer- und Adoptionsrecht, für die Öffnung der Ehe und in Art. 3 GG für die Einfügung des Merkmals ‚sexuelle Identität‘ einsetzen. Wir werden für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender einen Aktionsplan gegen Homophobie auflegen.

In NRW gibt es eine Vielfalt von LGBT- Nichtregierungsorganisationen Die Arbeit der Verbände im Bereich Akzeptanz-förderung, Coming-out (usw.) wollen wir wieder mit ausreichenden Mitteln ausstatten. Lesbisch-schwule Alten-, Pflege- und Jugendarbeit werden wir aus dem entsprechenden Haushaltsressort finanzieren. Wir sind uns einig, dass Jugendliche bei der Entwicklung ihrer Identität in Schule und Jugendhilfe besondere Unterstützung brauchen[36]. Wir stellen dies durch Berücksichtigung im Landesjugendplan, durch Sicherung der Projekte „Schule ohne Homophobie“, des Landesprojektes „SchLAu NRW“[37] und Wiederzulassung des Handbuchs „Mit Vielfalt umgehen: Sexuelle Orientierung und Diversity in Erziehung und Beratung“ sicher“[38].

Ganz unverhohlen hat sich auch die – öffentlich hoch dotierte! - Bundeszentrale für politische Bildung (BpB) in die

Phalanx der Kämpfer eingereiht. Da alle Ministerien per Top-down-Order grundsätzlich zum Mitmachen verpflichtet sind, könnte Thomas Krüger, ihr Chef, zunächst wohl auf das Berliner Innenministerium, seinen Dienstherren, verweisen. Aber er demonstriert seinen persönlichen Bekenntnisdrang etwas extrovertiert. Seine (im Internet abrufbare) Rede auf dem dreitägigen Kongress der BpB „Gender, Glück und Krisenzeiten in der globalisierten Ökonomie“ vom Oktober 2010 (dem dritten Kongress der BpB zur „Geschlechterdemokratie“) hätte kein Schwulenverbandsvertreter werbender halten können[39]. Seine Worte sind aber auch nützlich, weil sie unzweideutig das Missverständnis ausräumen, GM wolle im Grunde doch nichts weiter als die Gleichstellung der Frauen vorantreiben und mit neuem logo just ihrem Interesse dienen[40].

Natürlich blieb der zuletzt genannte Umstand auch den Frauenverbänden nicht verborgen. Von höchster Warte wurde das sonst meist verdeckt gehaltene Problem auf dem 37. Kongress des Deutschen Juristinnenbundes - „Fokus: Gender Mainstreaming und Managing Diversity“ - vom Ende September 2008 zur Sprache gebracht. Die damalige Justizministerin Brigitte Zypries hatte ihr Grußwort unter den Titel „Keine Angst vor ‚Diversity’“. gestellt. Wieso Angst?? Sie sagte dort:

„… Tatsache bleibt, dass der Diversity-Gedanke außerordentlich reizvoll ist: Chancengleichheit wird hier nicht durch Gesetz, Quoten und Verbote erreicht, sondern durch die Kräfte des Marktes. Weil die Unternehmen das Prinzip „Wertschöpfung durch Vielfalt“ entdecken, sorgen sie selbst dafür, dass niemand diskriminiert wird. Sie erkennen, dass Chancengleichheit und Toleranz keine großmütig gewährte Gunst sind, sondern eine ökonomische Notwendigkeit, um sich im Wettbewerb zu behaupten“ und fährt später fort: „So reizvoll der Diversity-Ansatz ist, so weiß ich doch auch, dass viele von Ihnen die Sache mit etwas gemischten Gefühlen sehen. Viele Frauen haben die Sorge, dass durch das Mehr an Aufmerksamkeit für anders definierte Gruppen die Frauenförderung zu kurz kommen könnte.“

Dem schließt sich die Rednerin freilich nicht an:

„... Ich denke, wir wissen alle, was wir Frauen leisten können, und deshalb sehe ich keinen Grund, warum wir den Diversity-Gedanken fürchten sollten.“

Fazit: der Markt wird’s richten![41]. Anzumerken bleibt immerhin: Im Juni 2004, als das Anti-Diskriminierungsgesetz in der SPD noch mit Für und Wider diskutiert wird, spricht die Ministerin gegen die geplante Bevormundung des Volkes und die Gängelung der Wirtschaft; das sei unnütz und schädlich - mit Montesquieu: „Wo es nicht notwendig ist, ein Gesetz zu machen, ist es notwendig, kein Gesetz zu machen“.[42] Nachdem aber die rot-grüne Mehrheit sich auf das ADiskrG. geeinigt hat, ändert sie flugs ihre Meinung und streitet (wie zuvor schon für das LPartG) nun für das angeblich längst überfällige AGG. Das hindert sie aber nicht, im September 2008 vor ihren Juristinnen wieder auf ihr altes Argument zurück zu fallen: Habt keine Angst vor den neu privilegierten Gruppen, mit denen Ihr kraft „Diversity“ nunmehr konkurrieren müsst; vertraut auf Euren eigenen Marktwert! Wie die neuen Gruppen heißen, die das GM bedient – darüber muss man nicht länger rätseln.

 

10.      Es sind zwei miteinander korrespondierende Begriffe, deren Sinn GM in ihr Gegenteil verkehrt: Toleranz und Diskriminierung. Von Toleranz ist oft die Rede: „Für ein tolerantes NRW“, steht im Düsseldorfer Koalitionsvertrag (s.o. 9.); die EU will uns eine Kultur der Toleranz bescheren, indem sie die sog. Homophobie „ausmerzt“ (s.o. 7., Erwägung F und andernorts).

Nun heißt Toleranz-Üben im normalen Verständnis Dulden, Ertragen, Hinnehmen, eben: „tolerieren“ – rechtlich: etwas ohne Sanktionen lassen, oder Sanktionen aus dem Gesetz streichen. So war etwa die Abschaffung des § 175 StGB im Jahre 1969 (unter BMJ Gustav Heinemann) ein längst fälliger Akt rechtlicher (und gesellschaftlicher) Toleranz – nach der Maxime: „Über dergleichen mag man streiten, verschieden urteilen, denken, empfinden, aber den Strafrichter – die ‚Obrigkeit‘ - geht das alles nichts an!“ Als toleranter Mensch kann man Homosexualität, ohne sie bestrafen oder bekämpfen zu wollen, natürlich ablehnen, sie im doppelten Sinne für unfruchtbar halten[43], kann man zumal seine Kinder und Enkel vor einer solchen Prägung oder Entwicklung unbedingt bewahren wollen[44] – also durchaus „homophob“ sein[45]. Wo bliebe denn „Toleranz“, wenn kritische Haltungen, Meinungen und Worte nicht auch und gerade hier erlaubt wären? Die Frage stellt sich allerdings nur, wenn man Toleranz im herkömmlichen Sinne versteht. Da aber die Straßburger Entschließung (kaum anders als der amerikanische Präsident) mit der ganzen GM-Gemeinde zur Treibjagd auf „Homophobie“ bläst, sie mit Antisemiten und Rassisten in einen Topf wirft und ihr Hass, Gewalt, Verfolgung und Mord als Sinn und Folge zuschreibt, darf nur noch der als tolerant gelten, der GM zustimmt oder jedenfalls kein Wort der Kritik und Ablehnung fallen lässt: „Positive Toleranz“ i.S.d. Ziffer D des EU-Parlaments. Auch die Zwangserziehung, welche die Staaten ihren Bürgern gem. Ziff. 1 der Resolution angedeihen lassen sollen, fällt dann durchaus noch unter den aufgeklärten Toleranzbegriff. Wird also von der Toleranz viel, so wird von der Erfüllung des Tatbestands Diskriminierung“ wenig, fast nichts mehr verlangt; es sind ja komplementäre Begriffe. Wer die Zustimmung (die neue „Toleranz“) verweigert und das zum Ausdruck bringt, gar öffentlich, der diskriminiert - basta! Dann ist es konsequent, dass unser Straßburger Parlament sein europäisches Toleranzedikt mit allen Mitteln durchsetzen will: Wer nicht auf Linie liegt, der diskriminiert, und die EU soll dergleichen dann „bekämpfen“, „ausmerzen“, gesetzlich verbieten, bestrafen, wenn „erzieherische Maßnahmen“ nichts fruchten.

 

Sobald Begriffe erst umgeschrieben und im Sinne der Orwell’schen „Neusprache“ in ihr Gegenteil verkehrt worden sind[46]. arbeiten sie selbsttätig weiter. Wer die Augen nicht fest verschlossen hält, wird die Behauptung absurd finden, dass z.B. die Homosexualität „im Westen“ und speziell in Deutschland diskriminiert wird. Dieses Thema lässt sich wirklich seriös nicht mehr auswalzen[47], die von den Verbänden zur Schau gestellte Larmoyanz ist seit Jahrzehnten nicht mehr ernst nehmen. Aber noch 2001 schmückt der Gesetzgeber selbst das LPartG im BGBl. mit seinem Schuldbekenntnis: „Gesetz zur Beendigung der Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften“. In Wirklichkeit geht es seit Erledigung staatlicher Diskriminierung nur noch um Herrschaft, auch und nicht zuletzt über das öffentliche Bewusstsein. Und mit der bewährten, keinen Widerspruch duldenden Attitüde, eine diskriminierte Minderheit zu sein, lassen sich Privilegien ohne Ende kassieren[48].

 

11.      Ist dem demokratischen „Souverän“, dem Volke also, GM und dessen erklärter Anspruch, die Gesellschaft tief greifend zu ändern bekannt? Gewiss nicht – woher auch? Der Idee nach müsste hier natürlich der Gedanke des Gesetzesvorbehalts gelten - tragender Staatsrechtsgrundsatz einer Demokratie, den das BVerfG vergleichsweise schon bei Kleinigkeiten in Stellung bringt. Dann würden die Fragen, um die es wirklich geht, im Bundestag – vielleicht sogar ohne Fraktionszwang – zur Sprache gebracht werden müssen. Stattdessen passiert hier alles „top-down“ auf verborgenen Verwaltungswegen (oben Ziffer 1 und passim) und kraft ebenso undurchsichtiger EU-Direktiven (Ziffer 7). Auch die Juristen sind durchweg nur in ihren Fachgebieten kundig; und selbst dann, wenn sie sich z.B. als Anwälte mit ihren Mandanten über die arbeitsrechtlichen Zumutungen des AGG[49] ärgern, bleibt ihnen der allgemeine ideologische Hintergrund verborgen. Das BVerfG müsste die inneren Zusammenhänge eigentlich kennen. Es hat das LPartG, als selbst GRÜNE und SPD glaubten, die Karlsruher würden es nur mit gewissen Blessuren („Abstandsgebot“) passieren lassen, mit einer lässigen Großzügigkeit durchgewinkt, die sogar sie überrascht hatte[50]. Seither hat Karlsruhe die Lebenspartnerschaft immer weiter mit den Rechten der Ehe angereichert, so dass eine Verfassungsergänzung i.S.d. NRW-Koalitionsvertrags (vgl. Ziffer 9) und eine „Erweiterung“ des Art. 6 GG (= „Öffnung“ auch für Lebenspartnerschaften) dort im Streitfalle nicht ohne Chancen wäre. Die seit 2011 neue Richterin des Senats Prof. Susanne Baer, Leiterin des Berliner Gender-Kompetenz-Zentrums[51] bis zu diesem Wechsel, wird einem „progressiven“ Senatskurs gewiss nicht in den Arm fallen wollen. Jedenfalls hat Roelleke[52] mit seiner Prognose geirrt: „Wahrscheinlich gehört das Urteil (v. 17.07.2002) über die LP zu den sozial und politisch irrelevantesten Entscheidungen des Gerichts. Für viele Schwule und Lesben bedeutet es ein Strohfeuer der Genugtuung, das in der Kälte des Alltags bald wieder verlöschen wird“. Nein, das Feuer brennt!

 

12.      Allem, was in den vorstehenden elf Ziffern steht, lässt sich widersprechen, soweit dort gewertet, also Meinung geäußert wird. Die tatsächlichen Angaben aber, unterschiedliche Quellen zumal, habe ich nicht ohne Prüfung mitgeteilt – was völlige Irrtumsfreiheit freilich nicht garantiert. Mir ging es auch nicht um Zustimmung, sondern um Aufklärung: Wecken von Problembewusstsein, damit Gender-Mainstreaming nicht schon deshalb allmächtig wird, weil es als „unbekanntes Wesen“ aus dem Verborgen wirkt.

 

Günter Bertram

 


[1] GGO Stand vom 01.06.2009, § 2 bereits eingeführt durch Novelle vom 26.07.2000

[2] durch G. vom 27.10.1994, mit weiteren Verfassungsänderungen.

[3] und der innerhalb sowohl des Kabinetts als auch der Wirtschaftsverbände ausgetragen wird, vgl. dazu etwa  FAZ vom 18.02.2011

[4] Pressestelle der Berliner Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen: „Definitionen der Begriffe GM/Gender Budgeting“

[5] Was - rein methodisch - an den Marxismus-Leninismus erinnert, der seinerzeit jedem  Text aufgesattelt werden musste, sollte er eine Chance haben, das Placet der Zensur zu finden.

[6] Den Anklang an die literarische Produktion des kürzlich verstorbenen Oswalt Kolle („Deine Frau …“ , „Dein Mann …“, „Dein Kind, das unbekannte Wesen“, 1969/1970) könnte man mit dem berühmten Sender Eriwan als „im Prinzip“ nahe liegend nennen: nur dass Kolle – freilich auf seine Art! – aufklären will, das Gender-Vokabular aber, wie noch zu zeigen, verschleiern.

[7] vermutlich ist es auch dem GM zu danken, dass der Hamburger Senat die in MHR 3/2009, S. 27, Fn. 17 erwähnte „Arbeitsstelle Vielfalt“ bei der JB so üppig ausstatten konnte oder musste.

[8] Neuübersetzung August 1992

[9] mit einem Rückgriff auf Friedrich Engels: „Der Ursprung der Familie des Privateigentums und des Staats“, Stuttgart Juli 1948, vgl. dort etwa: „Der Umsturz des Mutterrechts war die weltgeschichtliche Niederlage des weiblichen Geschlechts. Der Mann ergriff das Steuer auch im Haus, die Frau wurde entwürdigt, geknechtet, Sklavin seiner Lust und bloßes Werkzeug der Kindererzeugung (a.a.O., S. 23)

[10] a.a.O., S. 57

[11] vgl. „John Money“ - Wikipedia, zugleich mit dem Nachweis von Moneys Schriften; vgl. auch Volker Zastrow: GENDER – Politische Geschlechtsumwandlung, Manuskriptum Leipzig, 2006, S. 35 ff.

[12] Money bemerkte 1973 in The Journal of the American Academy of Psychoanalysis and Dynamic Psychiatry” zum Thema Gender Role, Gender Identity, Core Gender Identity: Usage and Definition of Terms” vorweg: so far as I have been able to ascertain, I was the first person to use the term, gender role, in print, and certainly the first person to define it in print”.

[13] Zur persönlichen Vita John Moneys (Vaterhass und Selbstverwerfung seines männlichen Wesens, Gepflogenheiten usw) vgl. John Colapinto: John Money – ein aufklärerischer Forscher? in Zeitgeschichte – Bulletin 01/10; dort auch der Abschnitt: „Der Junge, der als Mädchen aufwuchs“.

[14] vgl. Wikipedia „David Reimer“ mit Nachweisen über das öffentliche Aufsehen, den der Fall „Brenda“ in den USA und Europa damals fand, auch Ziff. 2.2.: „John Money hat im Rahmen seines Konzepts ‚Geschlechterneuzuweisung‘ einer unbekannten Anzahl weiterer Kinder mit fehl gebildeten Geschlechtsorganen ein Geschlecht ‚zugewiesen‘. … Einige der ehemaligen Patienten fanden sich in Selbsthilfegruppen zusammen.

[15] Erstauflage 1975; „Der Longseller wird seit einem Vierteljahrhundert immer wieder neu aufgelegt und inzwischen in der dritten Generation gelesen“, so die Vorbemerkung des Fischerverlags zur Auflage vom März 2002

[16] Schwarzer 2002 a.a.O. (Anm. 15), S. 240 f.

[17] vgl. Wikipedia „David Reimer“ (zuletzt aktualisiert am 01.12.2010) mit sehr interessanten – für Money, Schwarzer u.a. wenig schmeichelhaften! – Literatur- und Filmhinweisen, mit Weblinks und weiteren lit. Nachweisen.

[18] Das ist natürlich umstritten; vgl. etwa G. Kuby, Die Gender-Revolution, 2. Auflage 2007, S. 70; andererseits den Internet-Eintrag vom 01.12.2009 in „Homosexualität und Kirche“ (HuK): „Was hat die APA wirklich gesagt?“

[19] Man könnte ebenso gut das Berliner GK-Zentrum (www.genderkompetenz.info/gendermainstreaming/) oder einschlägige Universitätsfachbereiche befragen.

[20] Nach einer Streitschrift des „Schwulenverbands in Deutschland“ aus den frühen 90ern, die Herbert Tröndle („Ideologie statt Jugendschutz?“, ZRP 1992, 297, Fn.8) zitiert, die ihre „Schwulenrechte“ im Grundgesetz verankert sehen wollte, galt die BRD noch als „schwulenpolitisches Entwicklungsland“.

[21] Zum LPartG und seine Entstehung vgl. Bertram: Progressiver Probelauf bei Schönfelder, NJW 2001, 342; Diederichsen, Homosexuelle – von Gesetzes wegen? NJW 2000, 1841.

[22] Zum AGG und den Umständen seines Zustandekommens vgl. Bertram, MHR 2/2005, S. 34, Ziffer 2 ff. („Zuständigkeitsanmaßungen der EU“) und MHR 3/2006, S. 25: Verordnete Tugend: Das AGG – Auf verschlungenen Pfaden ins Bundesgesetzblatt.

[23] Der Entwurf war der Öffentlichkeit noch unbekannt, als sein voller Text im Internet schon beim Lesben- und Schwulenverband abrufbar war: Indiz für den kurzen Draht zwischen ihm und dem neuen Gesetzgeber, vgl. dazu Uwe Diederichsen, a.a.O. (Anm. 21)

[24] MHR 4/2007, S. 14 ff: „Gerechte Hirtinnen – mit dem Tandem in die Bibel“. Das bezog sich literarisch auf: Bibel in gerechter Sprache, 3. Auflage, Gütersloh 2007, 2399 Seiten.

[25]  Das Bestreben der BigS, statt Vater/Mutter neutrale Begriffe zu wählen („Eltern“ u.a.) entspricht GM. Beredtes Beispiel dafür der Beschluss des Europarats-Parlaments vom September 2010, der Beschlussvorlage 12267 (Doris Stump) gemäß die Bezeichnungen „Mutter“ und „Vater“ wegen Verstoßes gegen die Gender-Gleichheit und als sexistisch abzuschaffen - zugunsten neutraler Begriffe, z.B „Elter 1 / Elter 2“. Das erntet zwar grimmigen Spott: „Achse des Guten!!“, u.a. etwa Burkhard Müller-Ullrich vom 6.9.10. Aber GM lässt sich mit gelegentlichem Spott nicht erledigen.

[26] Zur Technik der europäischen Rechtssetzung vgl. etwa Hans Arno Petzold u.a. in MHR 3/2005, 20-26.

[27] „Phobie“ (gr) heißt Angst/gesteigerte, krankhafte Angst: so z.B. Klaustrophobie, Agoraphobie, Phobophobie (Angst vor Angstanfällen); Xenophobie (Fremdenfeindlichkeit) usw.; neue Kreation: „Islamophobie“; „Homophobie“ also: Angst vor oder gesteigerte Ablehnung von Homosexualität oder Homosexuellen.

[28] Az. des Straßburger Parlaments B6–0025/2006; abgedruckt auch bei Gabriele Kuby, Die Gender Revolution, 2. Aufl. 2007, S.154 – 157

[29] d.h. „gay, lesbien, bisex, transgender - Nicht-Regierungs-Org“

[30] Eine Deklaration der oft beschworenen „Europäischen Wertegemeinschaft“, deren prägender Einfluss schwerlich mit dem formalen Hinweis abgetan werden kann, ihr komme „kein normativer Charakter“ zu (so aber Petzold u.a., a.a.O., Anm. 26)

[31] Das ist zu kompliziert, um hier näher demonstriert werden zu können. Ausführlich dazu: Dale O’leary, The Gender Agenda – Redefining Equality, Vital Issues Press, Lafayette 1997. Die Autorin hat als amerikanische Journalistin an den New-Yorker Vorkonferenzen („UN-PrepComs“) und der Pekinger Hauptkonferenz (1995) teilgenommen, berichtet also aus erster Hand. Ein deutscher Auszug des Buchs (mit zahlreichen weiterführenden Anmerkungen) im „Bulletin: Nachrichten aus dem Deutschen Institut für Jugend und Gesellschaft“, Nr. 13/2007, S. 4-18 (gratis zu beziehen über institut@dijg.de / www.dijg.de). Wer dieser Schrift wegen ihrer unverhohlenen Ablehnung des GM misstraut, findet in ihr immerhin genügend weiterführende Literatur, deren Studium eine eigene Urteilsbildung ermöglichen dürfte.

[32] US–Government info: Clinton declares June 2000 Gay & Lesbian Pride Month

[33] Das Verbot von Hassreden erscheint uns als mehr oder weniger selbstverständlich (vgl. § 130 I StGB). Die amerikanische Verfassung aber erlaubt sie, vgl. etwa Winfried Brugger: Schutz oder Verbot aggressiver Rede? Jahrbuch des ÖR der Gegenwart, Bd. 52, Tübingen 2004, S. 513 ff. Das Versprechen des Präsidenten ist deshalb schon angesichts der USA-Verfassung bemerkenswert, was immer er hier unter „Hassrede“ verstanden wissen will.

[34] The White House Office – The Press Secretary, May 28. 2010

[35] dort S. 73

[36] GM erhebt Beliebigkeit zum Grundsatz: Da es keine natürlichen Prägungen („Heterosexualität“) gibt oder geben darf, soll das Kind sozusagen auf dem „Markt der Möglichkeiten“ seine Lebensorientierung selbst suchen. Es hat die freie Wahl; und damit es wählen kann, muss es mit allen Möglichkeiten, die „im Angebot“ sind, vertraut gemacht werden, vor allem den bisher „diskriminierten“, unüblichen. Freilich: wenn das geschieht, können Kinder und junge Leute in ihrer frühen Entwicklungsphase deformiert ins Unglück getrieben und in ihrem wichtigsten Grundrecht verletzt werden: in ihrem im doppelten Sinn natürlichen Recht, zur normalen Lebendigkeit heranzuwachsen. Dass die angewandten Gender-Manipulationen sich nicht der groben Methoden äußerlicher Operationen und Hormonspritzen bedienen, wie sie einst ihr Pionier und Vorbild John Money benutzt hatte, ist dann kein Trost.

[37] „SchwulLesbische Aufklärung in NRW“ mit der Internet-Selbstempfehlung: „SchLAu ist ein Netzwerk von 15 lokalen Projekten, die sich der schwul-lesbischen Aufklärungsarbeit auch für Jugendliche widmen“.

[38] „Handbuch mit Unterstützung der EU in Kooperation mit den Partnern Fr., Ital., NL und Österreich, gefördert vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW“. Die „bürgerliche“ Regierung Rüttgers hatte der deutsche Version einen behutsamen „Disclaimer“, also eine leichte Distanzierung (die aber zunächst viel Lob für den Diversity-Ansatz enthielt) vorgeschaltet; der soll nun offenbar verschwinden, vgl. die Mitteilung des Lesben-pp-Verbands v. 26.08.2005. Soweit es auf Bundesebene im Einzelfall schüchterne „Eingriffe“ in die literarische Flut der GM-Produktion gibt, werden sie alsbald als Zensur angeprangert. Vgl. dazu die Mitteilungen Gabriele Kubys in „Verstaatlichung der Erziehung – Auf dem Wege zum Gender-Menschen“, 2008, S.48 und passim.

[39] Nur zwei herausgegriffene Sätze: „Die gleichgeschlechtliche Ehe und Inter- und Transsexuellengesetzgebungen sind nach wie vor politische Baustellen. Die Menschenrechte von Personen, die der Vorstellung und den Normen der Zweigeschlechtlichkeit nicht entsprechen können oder wollen, werden täglich kontinuierlich verletzt. In Transgender- und Intersexuellenbewegungen verstärkt sich der Widerstand gegen diese Diskriminierungen, und die Debatten finden langsam Eingang in feministische und Gender-Diskurse …“

[40] Die BpB hängt ihre Fahne stets in den Wind und schwimmt im Mainstream der „politischen Korrektheit“; vgl. dazu schon MHR 4/2004, S. 42 – 45.

[41] djbZ: Zeitschrift des djb 1/2008, S. 4 f

[42] vgl. FAZ vom 12.05.2006: „Vorwärts ins Mittelalter“

[43] Thilo Sarrazin behandelt in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ andere Fragen. Eine Bemerkung passt freilich auch hier: „… Es gibt schließlich keine rationale Begründung dafür, weshalb sich Individuen, Familien, ein Stamm, ein Volk überhaupt fortpflanzen. Völker gehen ja nicht nur unter durch Hungersnot, Krankheiten, Eroberung oder Genocid. Sie können auch still sterben. Wer fragt schon nach ihnen? ... Wenn jemand kein Interesse an eigenen Nachkommen hat, ist dies ganz allein seine Sache - genauso wie seine sexuelle Präferenz …“ (9. Aufl. 2010, S. 344).

[44] vgl. dazu etwa Herbert Tröndles überzeugende Abrechnung mit schwuler Kinder- und Jugendbildung in „Ideologie statt Jugendschutz?“, ZRP 1992, S. 297 - 302: wieder abgedruckt in Tröndle: Antworten auf Grundfragen, 1999, S. 345 – 359. Dass der Weg von schwuler Kinder- und Jugendarbeit zur Pädophilie denkbar kurz ist, haben die Missbrauchsskandale der letzten Zeit zum Vorschein gebracht, soweit dies nicht dadurch verdeckt geblieben ist, dass die Medien für Missbrauch vorwiegend die Katholische Kirche haftbar gemacht hatten. Die Bannerträger der Homophilie aber waren andere; dazu Konrad Adam: „Komm jetzt – du hast mich doch lieb“, FAZ v. 13.01.1998 (u.a. Abrechnung mit Rüdiger Lautmann und schlüssige Kritik an der Blauäugigkeit der deutschen Forschungsgemeinschaft); vgl. auch Lorenz Jäger: „Hautnah – Sexbehörden: Barack Obama und Ina-Maria Philipps“ in FAZ v. 10.08.2007, S. 35. Die Sexualtherapeutin Philipps verfasste die Broschüre: „Körper, Liebe, Doktorspiele“, die nach öffentlicher Kritik von der Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung auf ministerielle Weisung zurückgezogen wurde; auch Karlheinz Weissmann: „Normal, anomal, ganz egal – „Verbrechen ohne Opfer; Wer über Pädophilie redet, darf von Homosexualität nicht schweigen, JF v. 30.04.2010 Kürzlich dazu auch J. Feddersen in der taz vom 03.02. 2011: „Schlüssel zu einer besseren Welt – Pädophilie - Die linke Schwulenbewegung hat bis in die 90er zum Thema sexueller Missbrauch geschwiegen – warum nur?“, wo es zur „intergenerationellen Sexualität“ heißt:  „... Die bizarre Weichheit jenen gegenüber, die ihr Recht auf straflose sexuelle Kontakte zu Kindern und Jugendlichen betonen, hat … viel mit Stimmung in den 70ern zu tun ... Sexualität - einvernehmlich, zärtlich - galt als Schlüssel zu einer besseren Welt, zu einer, so lauten die einschlägigen Chiffren, Menschlichkeit ohne neurotischen Panzer, Kinder und Jugendliche galten als Objekte der Befreiung aus den Fängen einer irgendwie noch nationalsozialistisch nachwirkenden Gewaltpädagogik“. In der Themen-Debatte „Kinderrechte in die Verfassung?“ (z.B. Gregor Kirchhof in ZRP 2007, 149) scheint die Gefährdung der Kinder durch GM nicht thematisiert zu werden.

[45] Für ein Volk, das wünscht, in ein paar Generationen nach uns, die heute leben, noch vorhanden zu sein, eine völlig normale Einstellung, zu deren Erklärung keine finsteren Theorien bemüht zu werden brauchen - der unverbildete Menschenverstand dürfte genügen.

[46] Georg Orwell: Neunzehnhundertvierundachtzig, Zürich 1950, passim, vgl. etwa in Kpt. 15 : „Siehst du denn nicht, dass die Neusprache kein andres Ziel hat, als die Reichweite des Gedankens zu verkürzen? Zum Schluss werden wir Gedankenverbrechen buchstäblich unmöglich gemacht haben, da es keine Worte mehr gibt, in denen man sie ausdrücken könnte“ (S. 64).

[47] Solange der alte  § 175 StGB noch galt, traf sie zu. Das Gesetz vom 25.06.1969  ließ vom § 175 StGB nur noch den Jugendschutz bis 21 Jahre übrig, der 1973 auf 18 J. gesenkt wurde; das Gesetz v. 31.05.1994 schaffte den § 175 gänzlich ab; alsdann galten nur noch allgemeine Bestimmungen über sexuelle Selbstbestimmung. Kritisch zur Larmoyanz der Homo-Gemeinden Jan Feddersen: „Mürbe Identität. Zum Streit über die Homoehe“, Merkur 592 (Heft 7, Juli 1998), S. 644 ff.

[48] Das Antidiskriminierungsgesetz ist der Sache nach ein reiner Privilegienkatalog: § 2 AGG untersagt lediglich „Benachteiligungen aus einem der in § 1 genannten Gründen“ (dabei auch der „sexuellen Identität“ wegen), mit der unausweichlichen Folge, dass aus anderen Gründen Benachteiligte (etwa „stinknormale“ Leute) im Konfliktsfall der besonderen Fürsorge des Gesetzes gerade nicht teilhaftig werden, und sie weder Schadenersatz kassieren noch Antidiskriminierungsverbände (vgl. § 26 AGG) für sich aufmarschieren lassen können.

[49] zuvor auch § 611a I 3 BGB, der ein frühes EU–RL-Produkt war.

[50] Während der II. Senat des BVerfG in der sog. Lissabonentscheidung noch eine gewisse rechtlich-nationale Eigenständigkeit betont hatte, scheint der I. Senat in Sachen Homo-Privilegien ziemlich widerstandslos auf europäische Vorgaben einzuschwenken, selbst auf solche, die nicht bindend sind; vgl. die Mehrheitsentscheidung BVerfG v. 17. 07.2002, NJW 2002, 2543 - 2551 mit abw. Voten Papier (2551) und Haas (2551 f); mit treffender Kritik Roellecke: „Kommen Kinder aus der Klinik?“, NJW 2002, 2539 f: „Die eigentliche Sensation schon des LPartG ist, dass es von der gesellschaftlichen Relevanz der Zweigeschlechtlichkeit der Ehe völlig absieht und privaten Hedonismus unterstützt. Dem hat das BVerfG den verfassungsrechtlichen Segen gegeben.“

Zur weiteren rechtlichen Entwicklung vgl. etwa Michael: Lebenspartnerschaften unter dem besonderen Schutze einer (über)staatlichen Ordnung – Legitimation und Grenzen eines Grundrechtswandels kraft europäischer Integration, NJW 2010, 3537; zutreffende Kritik bei Hillgruber, JZ 2010, 41 ff; prägnant auch Krings, NVwZ 2011, 26 f: Vom Differenzierungsgebot zum Differenzierungsverbot – Hinterbliebenenversorgung eingetragener Lebenspartner. Henkel hingegen scheint diese Umwertung ganz i.O. zu finden: Fällt nun auch das „Fremdkindadoptionsverbot?“, NJW 2011, 259 ff: zur Zeit des Urteils vom Sommer 2002 habe die eingetragene Lebenspartnerschaft vor dem Art. 6 GG (der Ehe also) gerechtfertigt werden müssen; inzwischen habe das BVerfG die Frage dahin umgedreht, ob es noch zu rechtfertigen sei, der eingetragenen LP irgendwelche Eherechte vorzuenthalten (was Henkel angesichts des EU-rechtlichen „Fortschritts“ zu verneinen neigt).

[51] zum Berliner Gender-Kompetenzzentrum vgl. Susanne Baer in den „informationen“ des djb, Heft 2. 2007, S. 18 f: „GKZ für die Gleichstellungspolitik: Das GKZ an der Humboldt-Univ. zu Berlin“, S. 18 f; s. sonst „www.genderkompetenz.info/genderkompetenz-2003-2010

[52] aaO. (Anm.50)