(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/06, 21) < home RiV >

 

Folgender Beitrag wurde im November 2005 für das Info-Heft des Sächsischen Richtervereines 1/2006, 10 verfasst, und stellt den damaligen Meinungsstand in der Staatsanwaltskommission des Deutschen Richterbundes dar. Mittlerweile hat sich die Kommission zu einigen strukturellen Änderungen entschlossen. So sollen die Aufgaben des Landesstaatsanwaltsrates vom Hauptstaatsanwaltsrat übernommen werden. Grundsätzlich ist jedoch hinsichtlich sowohl der Frage, in welcher Form die Kommission ein Ergebnis vorlegen wird, als auch welchen Inhalt dieses Ergebnis hat, die Disskussion noch offen. Häufig erzwingt die Detailarbeit auch bedeutendere Änderungen.

Personalvertretung der StA’e

- Ein Bericht aus der

Staatsanwaltskommission des DRB -

Ursprünglich war das Vorhaben, einen Musterentwurf des Personalvertretungsrechtes der Staatsanwälte zu verfassen, wegen der Fülle der Materie als nicht realistisch betrachtet worden, sondern ein Papier, dass bestimmte Eckpfeiler beschreibt, ins Auge gefasst worden. Die eingehende Befassung mit dem Thema hat jedoch jetzt erbracht, dass ein Musterentwurf machbar ist.

Ich wurde anfangs damit betraut, eine Sammlung anzulegen, welche Länder Richtern, Staatsanwälten, aber auch sonstigen Bediensteten im öffentlichen Dienst welche Mitwirkungsmöglichkeiten einräumen. Diese Sammlung diente dann dazu, einen Fragebogen zu verfassen, der jedes bereits irgendwo vorhandene Mitwirkungsrecht enthielt. Die Kommission war sich einig, dass der Fragebogen so breit angelegt sein sollte, um gerade nicht vorher durch Ausschließen einzelner Punkte die Meinung der Kommissionsmitglieder an die Stelle der Meinung der Befragten zu setzen.

Der Fragebogen war aufgeteilt in Mitwirkungsrechte des Staatsanwaltsrates, des Landesstaatsanwaltsrates und des Hauptstaatsanwaltsrates. Für Leser, die keine Personalvertretungsexperten sind, folgende Erläuterung:

Der Staatsanwaltsrat ist die vor Ort tätige Personalvertretung, der Landesstaatsanwaltsrat soll sich grundsätzlich mit den Aufgaben befassen, für die die Staatsanwaltsräte vor Ort verantwortlich sind, die jedoch über den Bereich der einzelnen Staatsanwaltschaft hinaus Bedeutung haben. Zudem ist der Landesstaatsanwaltsrat auch dann zu befassen, wenn sich Behördenleitung und Staatsanwaltsrat vor Ort nicht einigen, später dazu mehr.

Mitwirkungsbereiche des Staatsanwaltsrates und des Landesstaatsanwaltsrates sind organisatorische, personelle und soziale Belange. Die Räte werden ohne geborene Mitglieder gewählt. Der Hauptstaatsanwaltsrat dagegen ist vor allem für Angelegenheiten zuständig, die mit einem Statuswechsel für den Einzelnen verbunden sind, daher Beförderungen u.ä. Hier gibt es keine Stufenvertretung sondern nur eine Instanz. Die Mitglieder werden auch nicht alle frei gewählt, sondern es gibt geborene Mitglieder, in der Regel die Generalstaatsanwälte.

Die Befragten konnten im Fragebogen eine Regelung als unverzichtbar, sinnvoll oder nicht sinnvoll bezeichnen, zudem blieb Raum für Anmerkungen. Der Fragebogen wurde an alle Mitgliedsverbände zur dortigen Weiterverteilung versandt. Der Rücklauf war nicht umwerfend, aber dennoch geeignet, ein brauchbares Stimmungsbild zu ergeben. Im Ergebnis bezeichneten die Befragten nahezu jede zur Auswahl gestellte Regelung als überwiegend sinnvoll, lediglich die Mitwirkung in bestimmten sozialen Angelegenheiten, wie Gewährung von Dienstwohnungen und Darlehen wurde als nicht sinnvoll erachtet. Was kein Wunder ist, da nicht bekannt ist, dass Staatsanwälten in Sachsen jemals Dienstwohnungen oder Darlehen zur Verfügung gestellt wurden. Dennoch erachtete es die Kommission als angemessen, auch diese Regelungen in einen Musterentwurf aufzunehmen, da sie zum Bestand nahezu jedes Personalvertretungsrechts gehören.

Hervorzuheben ist, dass die Regelung des sächsischen Richtergesetzes, die die Mitwirkung der Personalvertretung bei der Ausarbeitung einer Abordnungsrichtlinie vorsieht, sehr positiv aufgenommen wurde, und im Musterentwurf eine (allerdings darüber hinausgehende) Entsprechung finden wird. Ebenso soll der Musterentwurf, wie in Sachsen, im Richtergesetz verankert werden. Zudem wollen wir im Mustergesetz vorschlagen, dass auch jeweils für die einzelnen Punkte die weitestgehende Form der Mitwirkung, nämlich im Gegensatz zu bloßen Anhörungsrechten, die der Mitbestimmung vorgesehen wird.

Dabei sind zwei Formen der Mitbestimmung zu unterscheiden, eine tatsächliche und eine eingeschränkte. Bei einer tatsächlichen Mitbestimmung führt ein ablehnendes Votum der Personalvertretung dazu, dass die geplante Regelung keine Gültigkeit erlangt. Jedoch wird in jedem Fall vor dieser endgültigen Verwerfung ein Einigungsverfahren vorgeschaltet.

Bei „örtlichen“ Streitigkeiten kommt nun die schon angesprochene Zuständigkeit des Lan­desstaatsanwaltsrates zum Tragen, der eine Einigung mit dem zuständigen Gegenpart erreichen soll. Gelingt dies nicht, wird eine Einigungsstelle befasst. Diese soll permanent bei der obersten Dienstbehörde eingerichtet werden. Diese wird von Seiten der Staatsanwälte und des Ministerium jeweils paritätisch besetzt. Ein Nichtzustandekommen einer Einigung hat die beschriebenen Folgen. Echte Mitbestimmung ist aber aus verfassungsrechtlichen Gründen in der Regel nur dort möglich, wo Staatsanwaltsrat oder Landesstaatsanwaltsrat zuständig sind. Dagegen gibt es im Rahmen der Zuständigkeit des Hauptstaatsanwaltsrates eine echte Mitbestimmung grundsätzlich nicht. Aber auch hier soll nach einem Musterentwurf die weitestgehende Form der Mitwirkung gewählt werden. Führen die Beratungen der auch hier vorgesehenen Einigungsstelle nicht zur Lösung, muss dann das Kabinett der Regierung, und nicht lediglich der Justizminister, befasst werden. Denn von diesem zu erwarten, dass er sich unparteiisch zwischen den Vorschlägen der Personalvertretung und den Vorschlägen seines Ministeriums entscheidet, ist eher etwas weltfremd.

Insgesamt kommt der Entwurf nach dem jetzigen Stand auf 33 Regelungen zur Mitwirkung von Staatsanwaltsrat und Landesstaatsanwaltsrates, sowie 17 Regelungen der Mitwirkung des Hauptstaatsanwaltsrates. Ein schlanker Entwurf, der vielleicht modischer wäre, ist dies sicherlich nicht. Jedoch soll dieser Entwurf auch für die Landesverbände eher als „Steinbruch“ dienen, aus dem sie die von ihnen als notwendig erachteten Regelungen herausnehmen, wenn wieder eine Reform ansteht, oder angestrebt wird. Anmerkungen zu den einzelnen Regelungen, die auf der Erfahrung der anderen Landesverbände oder der Kommission beruhen, sollen dabei die Entscheidung erleichtern.

Eine letzte Anmerkung zum Schluss. Ein besonders spannender Punkt ist, wie in Ländern mit Laufbahnwechsel die Mitbestimmung bei Beförderungsentscheidungen ausgestaltet werden soll. Es besteht die Überlegung, dass sich in den entsprechenden Gremien die Bewerber abbilden sollten, daher auch ein oder mehrere Staatsanwälte, die Mitglieder des Hauptstaatsanwaltsrates sind, bei der Besetzung z.B. einer Stelle als Vorsitzender Richter am Landgericht mitzureden haben, indem sie als Interessenvertreter der Staatsanwälte in den Präsidialrat (das Gegenstück des Hauptstaatsanwaltsrates bei den Richtern) als stimmberechtigte Mitglieder nach einem bestimmten Schlüssel einrücken. Bedenkt man jüngste Entwicklungen, hat ein solches Vorhaben erheblichen Charme. Insbesondere würde dies bei Mitarbeitern von zentralen Einrichtungen der Justiz, die wieder eine Rückkehr z.B. zur ordentlichen Justiz anstreben, dazu führen, dass sie sogar noch über das bisherig gepflegte Maß hinaus darauf achten, dass die einzelnen Zweige der Justiz gleichmäßig gut behandelt werden.

Stefan Spielbauer