(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 4/05, 16) < home RiV >

 Stolpersteine

für Opfer des Nationalsozialismus aus der Hamburger Richterschaft

 

WENN NOCH EINMAL

Wenn noch einmal mich dieses Leben riefe

und höbe mich in den geweihten Kreis

der Schaffenden aus der Verbannung Tiefe

ins Licht herauf, das ich zuinnerst weiß,

dann soll mein Jubel wie ein Sturzbach schäumen

durch alle meine Stunden, Tag und Nacht.

Gelobet seiest Du, der im Dunkel wacht

Und Wirklichkeiten webt aus Menschenträumen.

Dieses Gedicht schrieb im November 1933 der Hamburger Landrichter Lambert Leopold. Wenige Wochen zuvor, am 30.09.1933, hatten ihm die nationalsozialistischen Machthaber Berufsverbot erteilt.

Lambert Leopold, am 30.08.1890 als Sohn des jüdischen Kaufmanns Leyser Leopold und dessen Ehefrau Meda, geb. Stern, in Hamburg geboren, wurde nach Studium der Rechtswissenschaften und Referendariat am 06.09.1920 Assessor und am 01.02.1921 zum Richter am Landgericht Hamburg ernannt. Er war verheiratet mit Else Perutz. Aus der Ehe sind die Kinder Hanna Deborah (*1919) und Ludwig (*1926) hervorgegangen.

1939 konnten die Kinder Deutschland nach USA und Schweden verlassen, und auch Else und Lambert Leopold versuchten noch im selben Jahr, nach Palästina oder England zu emigrieren, was ihnen jedoch nicht gelang. Zum 25.10.1941 erhielten sie schließlich ihren Deportationsbefehl nach Lodz, von wo sie am 15.05.1942 nach Chelmo verschleppt und dort ermordet wurden.

 

An Else und Lambert Leopold soll nun Anfang 2006 mit Stolpersteinen des Kölner Künstlers Gunter Demnig vor ihrer früheren Wohnung in der Isestraße 45 erinnert werden. Es ist jedoch der ausdrückliche Wunsch eines in den USA lebenden Enkels von Else und Lambert Leopold, auch am Sieveking­platz vor der früheren Wirkungsstätte Lambert Leopolds mit einem Stolperstein an den ermordeten früheren Landrichter zu erinnern.

 

Die Vertreter des Projektes Stolpersteine in Hamburg haben daher mit Dr. Heiko Morisse, Vors. Richter am OLG, Kontakt aufgenommen, um in Erfahrung zu bringen, welche weiteren Opfer des Nationalsozialismus aus der Hamburger Richterschaft bekannt sind. Dr. Morisse hat uns acht weitere Richter und einen Staatsanwalt benannt. Auch an diese Opfer soll daher Anfang nächsten Jahres mit Steinsetzungen erinnert werden:

Blumenthal, Paul Dr.

*13.2.1880 Hannover

Amtsgerichtsrat in Altona

8.11.1941 deportiert nach Minsk


Daus, Franz

*16.11.1896 Hamburg

Landrichter in Hamburg

Okt. 1942 von der Gestapo in Norwegen verhaftet und in das KZ Sachsenhausen deportiert


Feiner, Hermann Dr.

*17.3.1894 Hamburg

Landrichter in Hamburg

5.7.1935 Königstein i.T. (Suizid)


Hoffmann, Richard Dr.

*4.3.1882 Hamburg

Landgerichtsdirektor in Hamburg

25.10.1941 deportiert nach Lodz

14.3.1943 Lodz


Ledien, Kurt Dr.

*5.6.1893 Berlin-Charlottenburg

1927 Amtsgerichtsrat in Altona,

1933 Landgerichtsrat in Dortmund

23.4.1945 Hamburg, KZ Neuengamme


Prochownik, Wilhelm Dr.

*19.9.1878 Hamburg

Oberlandesgerichtsrat in Hamburg

27.3.1943 Hamburg, KZ Fuhlsbüttel


Rinteln, Alfred Dr.

*27.7.1891 Essen

Landgerichtsrat in Altona

25.10.1941 deportiert nach Lodz

20.6.1942 Lodz


Rudolphi, Walter Dr.

*27.5.1880 Hamburg

Oberlandesgerichtsrat in Hamburg

15.07.1942 deportiert n. Theresienstadt

23.10.1944 deportiert nach Auschwitz

30.10.1944 Auschwitz


Stein, Leonhard Dr.

*8.7.1894 Hamburg

Staatsanwalt in Hamburg

25.10.1941 deportiert nach Lodz

29.8.1942 Lodz

 

Das Projekt Stolpersteine ist auf Spenden und Patenschaften aus der Bevölkerung angewiesen. Die Hamburger Initiatoren würden sich daher über eine Unterstützung aus dem Kreis der Richterschaft sehr freuen. Kontakt: Peter Hess, Heimhuder Str. 33, 20148 Hamburg, Tel: 040 / 41 05 162.

 

Johann-Hinrich Möller

 

 

Anmerkung der Redaktion:

Von dem Kollegen Dr. Morisse haben wir erfahren, dass weitere 45 Hamburger Richter und Staatsanwälte von den antijüdischen Verfolgungsmaßnahmen des NS-Regimes betroffen waren. Dr. Morisse, der 2003 das Buch „Jüdische Rechtsanwälte in Hamburg – Ausgrenzung und Verfolgung im NS-Staat“ veröffentlicht hat, plant eine entsprechende Arbeit auch über die Hamburger Richter und Staatsanwälte jüdischer Herkunft.

Der Richterverein bittet seine Mitglieder durch den Vorstand, das Vorhaben der „Stolpersteine“ zu unterstützen durch eine Zahlung auf das Konto des Richtervereins (HaSpa 200 505 50 - 1280/143601 – Stichwort „Stolpersteine“), von wo aus das Geld gesammelt an das Projekt weitergeleitet werden wird.