(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 1/05, 17) < home RiV >

Selbstfinanzierung der Pensionen

- versteckte Pensionsbeiträge -

In der derzeit[1] schlechten Lage für Arbeitnehmer wird immer wieder in Presse, Wirtschaft, Politik und persönlichem Umfeld auf die „unverdienten Pensionen“ der Beamten und Richter hingewiesen; die Pensionen seien fast eine Art Geschenk, denn die Beamten und Richter würden ja keinen Beitrag zur ihrer Altersversorgung leisten. Auch unter den Kollegen ist vielen nicht bekannt, dass derartige Aussagen falsch sind, und zwar nicht nur wegen des Alimentationsprinzips und sonstiger Strukturunterschiede[2].

Manch einer hat wohl schon mal etwas von „Versorgungsrücklagen“ gehört, insbesondere wenn er in den letzten MHR’s den Aufsatz von RiFG Hahn[3] gelesen hat.

Aber in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist, dass spätestens seit den 50er Jahren die Besoldung um einen Eigenbeitrag zur Alterversorgung gekürzt ist.

Bevor diese verschollene Materie gleich ausgegraben werden wird, sei zunächst noch einmal an Hahn’s Ausführungen zu Einsparungen und zur Versorgungsrücklage erinnert. Berücksichtigt man diese, so hat die Selbstfinanzierung insgesamt drei Säulen, nämlich:

·        bereits erfolgte Kürzungen

·        Versorgungsrücklage

·        im Gehalt versteckte Pensionsbeiträge

Kürzungen der letzten Jahre laut Hahn:

·      der Pensions-Höchstsatz von (ehemals) 75 % kann jetzt allenfalls nach 40 Jahren Dienstzeit (früher 35 Jahren) erreicht werden,

·       Anhebung der allgemeinen Antragsaltersgrenze auf 65 Jahre,

·       Vorziehen des Versorgungsabschlages,

·       Versorgung bei Dienstunfähigkeit nur noch aus der erreichten Stufe,

·       Halbierung der Zurechnungszeit,

·       Kürzung der Berücksichtigung von Ausbildungszeiten

(Ergebnis: Einsparungen von 4,43 Mrd. DM allein bis 2010)

Versorgungsrücklage[4] (laut Hahn):

 „Die Konzeption besteht darin, dass ab dem Jahre 1999 über einen Zeitraum von 15 Jahren durch eine Anpassungsreduzierung der Bezüge der Beamten- und Versorgungsempfänger gegenüber den Tarifbediensteten um jeweils 0,2 %-Punkte ein Kapitalstock aufgebaut wird. ... Gleichzeitig werden die so erwirtschafteten Unterschiedsbeträge gegenüber den nicht verminderten Anpassungen den Sondervermögen des Bundes und der Länder zugeführt. ... Inzwischen hat der Gesetzgeber durch das Versorgungsreformgesetz 2001 die Erhebung der weiteren Versorgungsrücklage für die Zeit ab dem 1.1.2003 und die folgenden acht allgemeinen Anpassungen der Besoldung ausgesetzt. Der Gesamtzeitraum der Erhebung der Versorgungsrücklage wurde aber gleichzeitig bis zum Jahre 2017 verlängert.“

Im Ergebnis soll die Versorgungsrücklage so lange aufgebaut werden, bis eine Besoldungsabsenkung um 3 % erreicht ist.

Kommen wir nun zum Thema

„ins Gehalt eingearbeitete Besoldungskürzung für die Pension“.

Dass die Bezüge wegen der künftigen Pension von vornherein vom Besoldungsgesetz geringer bemessen wurden, hat das BVerfG im Jahre 2002 bestätigt:

„Statt Beiträge einzubehalten, zahlt der Dienstherr entsprechend geringere Bezüge aus.“[5]

Für die Details sei eine gleichermaßen unverdächtigte wie auch kompetente Quelle zitiert, nämlich das Bundesinnenministerium[6]:

„... Im System der Beamtenbesoldung und -versorgung ist seit den fünfziger Jahren eine Eigenbeteiligung der Beamten an ihrer Versorgung vorgesehen. Wirtschaftlich gesehen sind die Beamtenpensionen auf einbehaltenen, lediglich nicht förmlich ausgewiesenen Gehaltsbestandteilen aufgebaut, das heißt, bei der Bemessung der Besoldung der aktiven Beamten ist der spätere Versorgungsanspruch bereits berücksichtigt[7]. Die Festlegung der Besoldung unter Berücksichtigung der späteren Versorgung bewirkt also mittelbar einen Gehaltsverzicht.

In der amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf des Bundesbeamtengesetzes vom 19. November 1951 (Bundestags-Drucksache 2846[8]) enthaltene allgemeine Aussage: ‚Die Höhe der Besoldung ist gerade mit Rücksicht auf die Versorgung niedrig gehalten’ wurde vom Bundesministerium der Finanzen präzisiert. Bei dem der Besoldungsfestsetzung zu Grunde gelegten sogenannten ‚Eckmannvergleich’ ging man danach von einem Versorgungsbeitrag von pauschal 7 % aus[9] ...

Da die Bruttolohn- und Gehaltssumme je beschäftigten Arbeitnehmer in der Wirtschaft seit damals auch nach neuesten Untersuchungen des Statistischen Bundesamtes wesentlich stärker gestiegen ist als der vergleichbare Wert für Beamte, erlaubt dies die Feststellung, dass die damaligen Ausführungen in den Gesetzesmaterialien, insbesondere in der eingangs erwähnten amtlichen Begründung zum Regierungsentwurf des Bundesbeamtengesetzes auch weiterhin Gültigkeit haben...“

Auch Battis/Kersten weisen in ihrem Rechtsgutachten zur Versorgungsreform 2001[10] darauf hin,

„daß die Beamten auch während der letzten 120 Jahre durch ein im Vergleich zu Angestellten im öffentlichen Dienst und erst Recht zur freien Wirtschaft niedrigeres Einkommen immer schon einen ‚versteckten Beitrag’ zu ihrer Versorgung geleistet haben, was die öffentliche und publizierte Meinung leider kaum wahrzunehmen bereit ist. Dementsprechend bröckelt die Front der Kritiker einer Versorgungsbeitragspflicht schnell, wenn eine entsprechende Erhöhung der Bruttobesoldung der Beamten vorgeschlagen wird, von der dann ‚offen’ Beiträge zur Altersversorgung abgezogen werden.“

Ein in der Tarifgestaltung „versteckter“ Beitrag ist allerdings nur im wirtschaftlichen Sinne ein „Beitrag“. Demgegenüber setzt ein Beitrag im rechtlichen Sinne voraus, dass er aus dem Vermögen/Einkommen des Beamten abfließt, er ihm also zuvor zugeflossen ist. Ein solcher „offener“ Beitrag im rechtlichen Sinne kann jedoch bei Beamten / Richtern nicht eingeführt werden, weil dies den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums widerspräche[11]. Auch die Versorgungsrücklage wird nicht durch echte Beiträge, sondern nur durch die Tarifgestaltung der Besoldung gedeckt (geringere Bezüge).

 

Abschließend seien noch einmal die eigenen Beiträge der Beamten/Richter zu ihrer Pension zusammengefasst:

·        3 % Besoldungskürzung für Versorgungsrücklage

·        7 % Besoldungskürzung als Eigenbeitrag

·        4,43 Mrd. DM sonstige Kürzungen

Demgegenüber beträgt in der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeitnehmeranteil[12] 9,75 % (die Hälfte von 19,5 %[13], dane­ben fließt auch noch ein Bundeszuschuss in die Rentenkasse). Die Beamten und Richter werden mit ihren 10 % also mehr zu ihrer eigenen Alterversorgung beitragen als die Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung[14].

           

Wolfgang Hirth

 


[1] In den vielen Jahren guter Konjunktur (60er bis 80er Jahre) hatte man freilich lange verächtlich auf die finanzielle Situation der öffentlich Bediensteten herabgesehen, ohne damals die ungleiche Lage ausgleichen zu wollen.

[2] BFH BStBl II 1976, 228: „Die Rente wird auch nicht vom Arbeitgeber, sondern von selbständigen Versicherungseinrichtungen gezahlt; die unmittelbare Beziehung zum Arbeitgeber fehlt. Die Rentenzahlungen sind daher steuerlich nicht nachträglicher Arbeitslohn, ... Im Gegensatz dazu sind die beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge nachträglich zufließendes Arbeitsentgelt ... Der Anspruch des Beamten auf die Versorgungsbezüge beruht unmittelbar auf dem Dienstverhältnis und wird nicht durch einen außerhalb dieses Dienstverhältnisses liegenden Vorgang erworben. Für die Versorgung des Beamten gilt zudem das sogenannte Alimentationsprinzip, nach dem der Dienstherr dem Beamten als Gegenleistung für dessen Dienste auf Lebenszeit einen standesgemäßen Unterhalt zu gewähren hat. Die Versorgung wird dem Beamten garantiert, um die von ihm zu fordernde gewissenhafte Hingabe und Pflichterfüllung im Dienst frei von Sorge um das wirtschaftliche Wohl zu sichern. Der Eintritt in den Ruhestand bedeutet für den Beamten keine eigentliche Beendigung des Beamtenverhältnisses, sondern lediglich die Befreiung von der Dienstpflicht der aktiven Tätigkeit.“

[3] Hahn, MHR 3/2004, 4

[4] § 14a BBesG ist verfassungsgemäß (BVerwGE 117, 305 wie die Vorinstanz OVG RhPf, DRiZ 2002, 222) 

[5] BVerfGE 105, 73 (115) m.w.N. insbesondere auf „Beamte oder Arbeitnehmer, Schriftenreihe der Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Bd. 6, 1996, S. 44 f.“

[6] Schreiben vom 25.08.2000, Az. D II 3 - 223 134 - 3. Der Gewerkschaft TRANS­NET (Mitglied im DGB) sei für die Überlassung gedankt.

[7] So fast wortgleich wenige Monate später auch VG Schleswig, SchlHA 2001, 193: „Auch bisher haben Beamte im Vergleich zu Arbeitnehmern durch ihre von vornherein etwas niedriger bemessenen (Brutto-) Bezüge zu ihrer Altersversorgung beigetragen, aber in anderer Weise als die rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sind Pensionen auf einbehaltenen, nicht förmlich ausgewiesenen Gehaltsbestandteilen aufgebaut, da der Gesetzgeber bei der Bemessung der Besoldung den späteren Versorgungsanspruch bereits mit berücksichtigt hat.“

[8] BT-Drs. 1/2846, 35; vgl. auch BR-Drs. 562/51, S. 60 und die Ausführungen des BMI Lehr in der 185. Sitzung des BT vom 16.1.1952, Sten. Ber., S. 7843

[9] Hervorhebungen nicht im Original.

[10] Battis/Kersten, Rechtsgutachten zur Versorgungsreform 2001, bei Fußn. 112

 (=http://www.dgb.de/themen/themen_a_z/abisz_doks/r/VersAendG2001.pdf)

[11] BVerwGE 54, 177 (181 f.)

[12] Hingewiesen sei darauf, dass – im Gegensatz zum versteckten Eigenbeitrag der Beamten - der Arbeitnehmeranteil vor dem Abzug dem Arbeitnehmer zufließt und daher – in eingeschränkter Weise - zu versteuern ist. Dies führt in der Rentenphase dazu, dass der beitragsbezogene Teil der Rente nur mit dem Ertragsanteil zu versteuern ist, während die Pension voll zu versteuern ist; BVerfGE 105, 73 hat nur außerhalb des beitragsbezogenen Teils der Rente die Ertragsanteilsbesteuerung beanstandet.

VRiFG Dr. Kauffmann wies diesbezüglich noch auf  Folgendes hin: Durch das zum 01.01.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz vom 5.7.2004 (BGBl. I 1427) wird für die Zukunft auch für die Sozialversicherungsrenten die sog. nachgelagerte Versteuerung eingeführt, d.h. die Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Altersversorgung werden aus dem nicht versteuerten Einkommen geleistet (können also, wenn sie als Arbeitseinkommen zugeflossen und deshalb steuerpflichtig sind, als Sonderausgaben geltend gemacht werden). Dafür werden die Altersbezüge dann später, wenn sie zufließen, als steuerpflichtige Einkünfte erfasst. Das entspricht dann also, wenn das System vollständig eingeführt ist (ab 2040) in etwa der Besteuerungssituation bei den Pensionen. Gleichzeitig wird der Versorgungsfreibetrag für Pensionen kontinuierlich abgeschmolzen. Außerdem hat der Gesetzgeber schon ab 2005 die Versorgungsbezüge aus dem Anwendungsbereich der Werbungskostenpauschale von 920 € herausgenommen - eine Mehrbelastung von jährlich um die 300 €.

[13] Stand 01.01.2005

[14] Wobei sich die Versorgungsrücklage allerdings erst noch in der Aufbauphase befindet.