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Presseerklärung

 

Der Deutsche Richterbund hat am 5. November 2002 folgende Erklärung abgegeben:

 

„Auf dem Weg in die

Zwei-Klassen-Justiz !?

 

Der Deutsche Richterbund protestiert mit den anderen Berufsverbänden des Öffentlichen Dienstes mit allem Nachdruck gegen die vorgesehenen gravierenden Verschlechterungen der Besoldung. Das gesamte Recht durchzieht der Grundsatz: Geld hat der Schuldner zu haben. Die Pläne sind an Phantasielosigkeit nicht zu überbieten und ein politischer Offenbarungseid. Anstatt in der prekären Haushaltssituation mutig zu Strukturreformen zu greifen und das Übel an der Wurzel zu packen, schlagen die öffentlichen Arbeitgeber nach bewährter, aber falscher Manier erneut und massiv auf das Wichtigste ein, was sie haben: Die Menschen, die - vom Gesetz zu Treue und Hingabe gegenüber dem Staat verpflichtet - durchweg mit hohem Einsatz und bisher meist noch motiviert und engagiert ihre Arbeit tun.

 

Der Richterbund warnt weiter nachdrücklich davor, die geplante Öffnungsklausel auch auf die Besoldungsgruppe der Richter und Staatsanwälte auszuweiten: Natürlich würden die besser zahlenden Länder unter den Besten auswählen und diese einstellen oder auch Leistungsträger aus anderen Ländern abwerben. Der ‚Qualitätstourismus‘ würde zu einem nicht hinnehmbaren, auch verfassungsrechtlich mindestens problematischen Qualitätsgefälle in den Gerichten und Staatsanwaltschaften der Länder führen. Straf­ver­folgung und Rechtsprechung in den ‚armen‘ Ländern verkämen - mit noch unabsehbaren Folgen für diese Kernaufgabe des Rechts­staates - zur minderwertigen Justiz zweiter Klasse.“

 

Dieser Erklärung schließt sich der Hamburgische Richterverein in Übereinstimmung mit zahlreichen Landesverbänden vollen Umfangs an.

 

In diesem Zusammenhang ist darauf zu verweisen, dass eine Öffnungsklausel nicht mit dem Verfassungsauftrag aus Art. 72 Abs. 2 Grundgesetz zu vereinbaren ist. Es gilt nicht nur, gleichartige Lebensverhältnisse herzustellen, sondern sie auch durch bundeseinheitliche Gesetzgebung zu wahren. Dies umso mehr, als vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren erheblich gestiegenen Arbeitsbelastung – die zu einem großen Teil auf die Aktivitäten des Gesetzgebers zurückgeht – eine Gehaltskürzung als Bestrafung empfunden werden müsste.

 

Der Hamburgische Richterverein begrüßt ausdrücklich, dass der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg einen längst überfälligen aufgabenkritischen Ansatz für notwendige Einsparungen verfolgt. Dieser Ansatz geriete durch eine Öffnungsklausel in Gefahr, weil sie ohne Verknüpfung an Aufgaben und Leistungen alle Betroffenen demotivieren würde.

Darüber hinaus läge in einer Gehaltskürzung für viele Bedienstete eine unerträgliche soziale Härte, weil massiv in ihre Lebensplanung eingegriffen würde.

 

Hamburg, 6. November 2002

 

Für den Hamburgischen Richterverein

Der Vorstand