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Die Seele der MHR

Christine Hamann zur Pensionierung

Manche Menschen sind so mit ihrer Aufgabe verwachsen und füllen sie so aus, daß jedermann ihr Wirken als selbstverständlich ansieht und meint, alles müsse eben so reibungslos funktionieren. So läßt es sich über Christine Hamann sagen. Daten und Stationen aus ihrem Leben zeigen eine vielseitig erprobte Frau, deren Lebenserfahrung uns allen im Umgang mit ihr gut getan hat:

Christine Hamann wurde am 23.12.1939 in Kolberg/Pommern geboren. 1945 begann die Flucht in den Westen nach Norden/Ostfriesland, wo sie dann mit ihren drei Geschwistern aufwuchs. Nach dem Abschluß der höheren Handelsschule in Norden/Bremen trat sie 1958 ihre erste Anstellung bei der Küstenfunkstelle Norddeich Radio an - einer Dienststelle der Deutschen Bundespost, die zum Funkamt Hamburg gehörte. Sie wurde im Telegrafiedienst, Fernsprechdienst und Sprechseefunkdienst ausgebildet und arbeitete im Telegrammübermittlungsdienst. Sie stellte Verbindungen zwischen Reedern oder Familien und den Schiffen auf See oder zwischen den Schiffen untereinander per Sprechfunk her und verbreitete Seewetterberichte und nautische Warnnachrichten über Sprechfunk.

Der Dienst ging in drei Schichten rund um die Uhr. Spitzenzeit war traditionell der Dezember, wenn die Angehörigen von Seeleuten ihre Weihnachts- und Neujahrsgrüße an ihre Lieben auf See übermitteln wollten. Der NDR machte daraus eine Sendung für den Norden. Heiligabend ließ er eine Verbindung auf seine Kosten schalten und die zuvor auf Band aufgezeichneten Wünsche übermitteln - "Norddeich Radio ruft "MS Christine" auf dem Weg nach Singapur..." hieß es dann.<

Im Zuge der Technisierung wurde die Küstenfunkstelle überflüssig. Alle Schiffe ab 300 BRT sind mit Satellitentelefon und automatischen Seenotrettungsbojen ausgerüstet, ohne dass ein Funker SOS morsen oder "Mayday" rufen muss. Das ist schneller und sicherer. Am 31. Dezember 1998 wurde die Küstenfunkstelle endgültig geschlossen. Seitdem ist die Telekom dort eingezogen und hat ein Service-Center errichtet. Die alten Sendegeräte von Norddeich-Radio sind noch im Museum der Oberpostdirektion Hamburg am Stephansplatz zu sehen.<

Christiane Hamann schloß 1962, was sie eine "Funkerehe" nennt. Es folgte eine Versetzung ihres Ehemannes nach Darmstadt. 1963–1966 arbeitete sie als kaufmännische Angestellte in der Auslandsabteilung für die Wella AG (Haarkosmetik) in Darmstadt. Das Unternehmen vertrieb seine Produkte damals in über 90 Länder, z.B. in die afrikanischen Länder "Entkräuselungscreme"! In guter Erinnerung blieben ihr die Friseursalons der Firma, wo Friseure ihre Meisterprüfungen ablegten und die Angestellten kostenlos frisiert wurden!

1966 folgte die Geburt ihres Sohnes, die eine Unterbrechung der Berufstätigkeit bedeutete. Als ihr Ehemann wieder nach Hamburg versetzt wurde, war sie - wie ihre ganze Familie - froh, wieder im Norden zu sein. In Darmstadt vermissten alle die frische Brise! 1970 wurde ihre Tochter geboren, so daß sie sich 10 Jahre lang den Kindern und der Familie widmete und über die sie sagt. "Das waren schöne Jahre, die sicher meinen Kindern zugute gekommen sind. Wir machten Hausmusik: mein Sohn Klavier, meine Tochter Geige und ich Blockflöte. Beide Kinder machten ihr Abitur, studierten und sind heute ganz happy in ihren Berufen. Mein Sohn lebt in Vancouver und arbeitet an der "University of British Columbia" im Fachbereich Forstwirtschaft und Umweltwissenschaften, meine Tochter bei der Bremer Innovations Agentur im Bereich Wirtschaftsförderung."

1976–30.11.2001 folgte als ihr dritter Arbeitgeber das Landgericht Hamburg, bei dem sie eine Stelle als Justizangestellte antrat. Sie sagt darüber:

"Es fing an mit einer manuellen Schreibmaschine. Ich schrieb Urteile, Protokolle, Kostenfestsetzungsbeschlüsse. Das Gute daran war, ich konnte zu Hause arbeiten, und die Kinder waren unter Aufsicht, das war mir damals sehr wichtig! 1981 wechselte ich in das Landgericht und arbeitete zunächst 20 Stunden pro Woche in der sogenannten "Protokoll-Schreibstube" an einer elektrischen, später elektronischen Schreibmaschine. Dann besann ich mich auf meine Stenografiekenntnisse und trat in den Hamburger Stenografenverein ein. Das wurde zum Hobby, und ich nahm an Wettschreiben teil und erlernte sogar die Redeschrift und Parlamentsstenografie. Diese Kürzungen faszinierten mich, und ich kam auf Geschwindigkeiten von über 200 Silben/Min.1983 nahm ich an einem Protokollführerlehrgang für das Zivilverfahren teil und war bis Dezember 1988 als Protokollführerin in den Zivilkammern tätig."

Im Januar 1989 begann die Zeit, aus der sie viele kennen. Sie wechselte in das Vorzimmer des Landgerichtspräsidenten Dr. Roland Makowka. Sie selbst sieht das so:

"Die Vorzimmertätigkeit hat mir großen Spaß gemacht. Viele interessante Menschen sind mir hier begegnet. Und dazu kam die vielseitige Arbeit für den Hamburgischen Richterverein. Ich denke an die Justiztage 1992 mit interessanten Veranstaltungen und Auslandskontakten. Hightlight war eine Reise nach Paris mit dem Hamburgischen Richterverein. Seit 1992 (anlässlich der Justiztage) arbeite ich am PC. Zunächst lernte ich Framework, 1996 MS Word und MS Windows, 1997 MS Excel, 1999 Windows NT + WinWord97 für Fortgeschrittene. Dazu kamen Outlook und Power Point und für den Verein "Freunde der Grundbuchhalle" ein spezielles Programm: "Verein 2000", was ich mir mehr oder weniger selbst angeeignet habe.

Bis zu seiner Pensionierung am 31.12.1995 war ich für Herrn Dr. Makowka tätig (7 Jahre), ab Februar 1996 für seine Nachfolgerin Frau Görres-Ohde (6 Jahre). Mit beiden Chefs hatte ich großes Glück. Sie hatten Vertrauen in meine Arbeit, waren immer verständnisvoll und nie autoritär. Es herrschte ein partnerschaftliches Miteinander. Das war eine gute Motivation. Dafür ein besonders herzliches Dankeschön!

Am 28.10.1997 gründeten wir einen neuen Verein: "Freunde der Grundbuchhalle". Für diesen Verein übernahm ich die Mitgliederverwaltung und das Amt des Kassenwarts. Ich fertige die Einladungen am PC und sorge für die Verteilung. Es hat viel Spaß gemacht, die Veranstaltungen in der schönen Grundbuchhalle mit zu gestalten, vor- und nachzubereiten, und ich freue mich, wenn ich auch im Ruhestand noch ein bisschen mitmischen darf!"

Liebe Christine Hamann, wir sind es, die sich bei Ihnen für viele Jahre liebevoller Betreuung, für Ihre Gelassenheit in allen Lebenslagen und für Ihre Geduld bedanken! Es bleibt uns ein Trost: Sie weichen nur als Vorzimmerfrau, nicht als engagierte Mitarbeiterin des Hamburgischen Richtervereins. Und deswegen ist es kein wirklicher Abschied. Auf viele Jahre weiteren Miteinanders!

Karin Wiedemann