(Dieser Artikel ist veröffentlicht in MHR 3/01) < home RiV >
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Schleswig-Holstein

Auf Anregung des Vorsitzenden des schleswig-holsteinischen Landesrichterverbandes, Andreas Martins, bringen wir hier die vollständige Presserklärung, aus der die im Editorial des vorigen MHR-Heftes kommentierten Zeitungsmeldung stammt.

Schnelligkeit ist gut, aber nicht alles

Anmerkung des Landesrichterverbandes zu den Vorschlägen des Präsidenten des Landesrechnungshofes Korthals (Kieler Nachrichten 7.4.2001):

Der Landesrichterverband hält das Anliegen des Präsidenten des Landesrechnungshofes Korthals, nach den Ursachen für die zu lange Dauer von Gerichtsverfahren zu forschen, grundsätzlich für berechtigt. Dabei darf jedoch nach Auffassung des Verbandes nicht aus dem Blick geraten, daß schnelle Verfahren nicht zwingend auch ein Zeichen für eine qualitativ gut arbeitende Justiz sind. Eine verfahrensmäßig sorgfältig vorbereitete, alle Fragen des Falles in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erschöpfend behandelnde und gut begründete Entscheidung kann - auch wenn dafür mehr Zeit nötig ist - überzeugender sein und damit eher dem Rechtsfrieden und der Vermeidung von Rechtsmitteln dienen als eine flüchtig erarbeitete, schnelle Entscheidung. Die auf besonderer verfahrensmäßiger Sorgfalt und gründlicher juristischer Arbeit beruhende Entscheidung ist im übrigen der Prototyp der Entscheidung, der mit der vom Bundesministerium der Justiz in Aussicht genommenen Reform des Zivilprozesses erreicht werden soll.

Die Standards für die inhaltliche Qualität von Entscheidungen können nur von den Richterinnen und Richtern selbst bestimmt werden. Dieser Bereich entzieht sich wegen der hier geltenden richterlichen Unabhängigkeit einer Effizienz- und Leistungskontrolle durch die Verwaltung. Sie darf von ihr auch nicht indirekt dadurch herbeigeführt werden, daß durch die Anhebung der Anzahl der von jedem Richter innerhalb eines bestimmten Zeitraumes zu bearbeitenden Fälle der Zwang entsteht, schneller und damit unter Umständen unsorgfältiger zu arbeiten, um das Pensum doch noch schaffen zu können.

Andererseits ist aber ebenso klar, daß es der Justizverwaltung möglich sein muß, in allgemeiner Form bestimmte Mengenstandards festzulegen. Denn die richterliche Unabhängigkeit soll keine Garantie für richterlichen Müßiggang sein. Entsprechende Standards (Pensen) gibt es auch.

Damit bewegt sich die vom Präsidenten des Landesrechnungshofes angemahnte Kontrolle der Dritten Gewalt in einem Spannungsfeld zwischen der berechtigten Forderung nach einer zügig und effektiv arbeitenden Justiz einerseits und der richterlichen Unabhängigkeit andererseits.

Der Landesrichterverband begrüßt es daher, wenn der Präsident des Landesrechnungshofs auf die Mitarbeit der Richterschaft setzt. Nur im Zusammenwirken mit der Richterschaft wird es möglich sein, die für eine aussagekräftige Analyse der Arbeitsbelastung und Arbeitsweise der Justiz nötigen Fakten zu erheben, ohne dabei die richterliche Unabhängigkeit zu verletzen. Daß eine solche Analyse nötig ist, daran hat der Verband keinen Zweifel. Die maßgebliche Initiative muss jetzt das Justizministerium ergreifen.

Die dem Landesrichterverband angehörenden Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte stehen dem Thema offen gegenüber. Davon kann sich der Präsident des Landesrechnungshofes beim "2. SALZAUER RICHTERGESPRÄCH" überzeugen, das der Landesrichterverband am 7. und 8. Mai 2001 im Landeskulturzentrum in Salzau veranstaltet. Unter der Überschrift "Pensen, Posten und PC´s" sollen Vision und Wirklichkeit einer selbstverwalteten Justiz in Europa dargestellt und diskutiert werden.

Ole Krönert, Pressesprecher