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Präambel

Im Bewusstsein, dass die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und die Verfassung des Kantons Basel-Landschaft bestimmen, dass jede Person ein Recht auf ein faires und öffentliches Verfahren vor einem unabhängigen und unparteiischen Gericht hat,

im Bewusstsein, dass es für den Rechtsstaat von grundlegender Bedeutung ist, dass Richterinnen und Richter, als Einzelne und in der Gesamtheit, das richterliche Amt achten und danach streben, das Vertrauen in das Rechtssystem zu stärken und zu erhalten, beachten die Richterinnen und Richtern die folgenden Verhaltensgrundsätze.

Die Grundsätze sollen dazu beitragen, dass die Mitglieder der Exekutive und der Legislative, die Anwaltschaft und die Öffentlichkeit die Justiz besser verstehen und sie in ihren Anliegen und Aufgaben unterstützen.


Hintergrund, Zweck und Geltung

Nach ausdrücklichem Willen des basellandschaftlichen Gesetzgebers wird die richterliche Tätigkeit an den Gerichten vorwiegend von Personen ausgeübt, deren Haupttätigkeit - erwerblicher oder nicht-erwerblicher Art - ausserhalb der richterlichen Tätigkeit liegt.

Die Richter und Richterinnen bringen ihre Berufs- und Lebenserfahrung in ihr Amt ein. Entsprechend wird das Gerichtsmandat als Nebenamt entschädigt. Die Richterinnen und Richter sind in der Regel auf ein Einkommen aus einer erwerblichen Haupttätigkeit angewiesen.

Aus diesen Rahmenbedingungen kann sich ein Spannungsverhältnis zum Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit ergeben. Die nachfolgenden Grundsätze sollen die Ausübung der nebenamtlichen richterlichen Tätigkeit so regeln, dass der Kerngehalt der richterlichen Unabhängigkeit gewährleistet ist. Direkt oder sinngemäss sind sie auch auf die hauptamtlichen Richterinnen und Richter anwendbar.

Die Grundsätze sind als eine selbst auferlegte Ordnung der Richterschaft zu verstehen. Ihre Geltung ergibt sich durch die letztlich freiwillige Beachtung durch die Richter und Richterinnen.


UNABHÄNGIGKEIT

Grundsatz

Richterliche Unabhängigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für den Rechtsstaat. Die Richterinnen und Richter gewährleisten die richterliche Unabhängigkeit und veranschaulichen sie in ihrem individuellen und institutionellen Aspekt.

Anwendung

1.1. Die Richter und Richterinnen üben die richterliche Funktion auf der Grundlage ihrer eigenen Wertung der Fakten und in Übereinstimmung mit einem gewissenhaften Verständnis des Rechts aus. Sie lassen sich von Dritten in keiner Weise beeinflussen. Sie vermeiden auch den Anschein der Beeinflussung.

1.2. Die Richterinnen und Richter entscheiden unabhängig vom Druck der öffentlichen Meinung und von den Verfahrensparteien.

1.3. Die Richter und Richterinnen vermeiden die Beeinflussung und den Anschein der Beeinflussung durch die exekutive und legislative Gewalt.

1.4. Bei der Ausübung ihres Amtes sind die Richterinnen und Richter unabhängig von ihren Kollegen oder Kolleginnen.

1.5. Eine nicht richterliche berufliche oder politische Tätigkeit ist so zu gestalten und auszuüben, dass sie die richterliche Unabhängigkeit in ihrem Kern nicht beeinträchtigt. Umgekehrt ist die Ausübung der beruflichen oder politischen Tätigkeit nur insofern und insoweit eingeschränkt, als durch die richterliche Unabhängigkeit geboten.


UNPARTEILICHKEIT

Grundsatz

Die Unparteilichkeit der Richterinnen und Richter ist eine grundlegende Voraussetzung der richterlichen Tätigkeit.

Anwendung

2.1. Die Richter und Richterinnen üben ihre richterlichen Pflichten ohne Bevorzugung, Vorurteil oder Voreingenommenheit aus. Sie treten in den Ausstand, wenn sie in einer Sache dazu nicht in der Lage sind, oder wenn der Anschein besteht, sie seien dazu nicht in der Lage.

Insbesondere treten sie in den Ausstand,
* wenn sie gegenüber einer Partei Vorurteile hegen,
* wenn sie in einer Sache aufgrund einer nicht richterlichen Funktion über besondere Kenntnisse der persönlichen Verhältnisse verfügen,
* wenn sie zuvor in nicht richterlicher Funktion als Verfahrensbeteiligte in der Sache tätig waren oder in der Sache Zeuge oder Zeugin sein können,
* wenn sie oder nahestehende Dritte direkt oder indirekt ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben,
2.2. Die Richterinnen und Richter nehmen in der Öffentlichkeit nicht bewusst zu einem laufenden oder bevorstehenden Verfahren Stellung. Sie enthalten sich jeden Kommentars, der den fairen Prozess oder irgendeine Person beeinflussen könnte.


KORREKTES VERHALTEN

Grundsatz

Die Richterinnen und Richter gewährleisten mit ihrem Verhalten ihre persönliche Integrität, die ihres Gerichts und die der Justiz insgesamt.

Anwendung

3.1. Die Richter und Richterinnen besorgen ihre richterlichen Aufgaben kompetent und gewissenhaft.

3.2. Die Glaubwürdigkeit eines Richters oder einer Richterin wird auch durch das Auftreten ausserhalb der richterlichen Tätigkeit bestimmt. Richterinnen und Richter tragen daher ihrem Amt auch im privaten, (haupt-)beruflichen und gesellschaftlichen Umgang Rechnung.

3.3. Das Ansehen einer Richterin oder eines Richters wird in der Regel nicht beeinträchtigt durch die Vertretung, Verteidigung oder Beratung von Dritten, welche gegen das Gesetz verstossen haben. Die Richterinnen und Richter gewährleisten, dass sich ihre Tätigkeit eindeutig im Rahmen der Rechtsordnung bewegt. Verpönt ist eine Beratungs- und Vertretungstätigkeit, welche Rechtsverletzungen ermöglicht oder fördert.

3.4. Die nebenamtlichen Richterinnen und Richter besorgen ihre hauptberufliche Tätigkeit mit der gebotenen Sorgfalt im Rahmen der geltenden Rechtsordnung und nach bestem Wissen und Gewissen.